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Marzipan und mehr: Lübeck

„Lübeck, wieso Lübeck?“ – diese Frage musste sich der Autor des vorliegenden Stadtreiseführers unzählige Male anhören. Ja, Lübeck spielt nun nicht gerade im Konzert der norddeutschen Metropolen mit, aber die heimliche Hauptstadt des Marzipans hat ihre ganz eigenen charmanten Seiten, die es zu entdecken gilt, nicht nur in den unzähligen Höfen. Auf fünf Spaziergänge nimmt uns Matthias Kröner mit. Sicherlich ließen sich diese auch zu einem verbinden, doch wer aufmerksam durch die Hansestadt Lübeck wandelt, der verweilt mal hier, mal da und schon ist die Zeit wie im Flug vergangen. Das St. Annenmuseum und die Kunsthalle werden ebenso besucht wie das Buddenbrookhaus, das eng mit dem Namen des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann verbunden ist, obgleich dieser nie dort gelebt hatte. Neugierig macht das Kapitel „Unbekanntes Lübeck“, zu dem auch das Grenzmuseum Schlutup an der einstigen innerdeutschen Grenze gehört.

Matthias Kröner: Lübeck MM-City –inkl. Travemünde

Dass neben Thomas Mann auch Günter Grass und Willy Brand mit der Stadt eng verbunden sind, erfahren wir gleich in der „Vorschau auf Lübeck“. Doch Lübeck macht nicht gerade mit diesem kulturellen Erbe Schlagzeilen – die Stadt ist zudem UNESCO-Weltkulturerbe – , sondern mit dem Tatbestand der hohen Verschuldung. Dass es auch mit der Weltoffenheit nicht zum Besten bestellt ist, unterstreicht der fast vergessene Anschlag auf die jüdische Synagoge. Priwall, Willy-Brandt-Haus, Hüxstraße und Brodtener Steilufer sind einige der Lübecker Highlights,, die uns der Autor wärmstens ans Herz legt.

Der Abschnitt zur Stadtgeschichte scheint eine reine Pflichtübung, sieht man einmal von den farbig abgesetzten Kästen ab. In einem dieser Kästen befasst sich der Autor mit dem Populisten Jürgen Wullenweber, jenseits der Stadtgrenzen eine eher unbekannte Person der Geschichte. Für den einen oder anderen Leser mögen die Übernachtungstipps des Autors hilfreich sein, für andere weniger, zumal jeder individuelle Ansprüche an sein Bett für die Nacht hat. Ebenso subjektiv sind Kröners Restaurant-Tipps. Ob man in der Fisch-Hütte wirklich die besten Fischbrötchen der Altstadt bekommt, muss man schon selbst testen. Und wer weiß, wie dann das Urteil ausfällt? Allein 57 Seiten entfallen auf Stadtgeschichte, Übernachtungs- und Restauranttipps und Lübeck von A bis Z. Ob man im Zeitalter des Netzes nicht darauf verzichten kann, zumal sich derartige Infos auch schnell als veraltet erweisen?

Das Wahrzeichen der Hansestadt ist das Holstentor, das einst den 50-DM-Schein zierte. Kaum jemand weiß jedoch, dass es beinahe abgerissen werden sollte, wie der Autor in einem Beitrag ausführt. Zu den Sehenswürdigkeiten, die dem Autor am Herzen liegen, gehören das TheaterFigurenMuseum und die Geschichte der Lübecker Märtyrer, die eng mit der Propsteikirche Herz Jesu verbunden ist. Das Museum für Natur und Umwelt ist Kröners Tipp für Familien mit Kindern. Wer sich für Kunst interessiert, kommt nach Kröners Meinung um den Memling-Altar im St. Annenmuseum nicht herum. Das Günter-Grass- und das Willy-Brandt-Haus besucht man mit dem Autor ebenso wie das Heiligen-Geist-Hospital. Gleiches gilt für die Lübecker Gänge und Höfe, die der Autor in einem eigenen Kapitel beschreibt. Der Besuch bei Niederegger – das Mekka für Marzipanliebhaber – fehlt ebenso wenig in diesem kompetent geschriebenen Stadtreiseführer wie das Kulturforum Burgtor, das allerdings bei Drucklegung des Reiseführers noch nicht vollendet war. Hier hätte man sich entsprechende Links gewünscht, um sich über den aktuellen Stand zu informieren. Wer noch nie von Carl Hans Lody gehört hat, dem hilft ein Beitrag auf die Sprünge, der sich mit diesem Amateurspion und Held der Nazis befasst. Diese ehrten Lody mit einer Plakette rechts vom Burgtor. Bisher fehlt es jedoch an einer entsprechenden Kommentierung vor Ort. Verboten sind wenigstens seit 2005 Versammlung von Nazis zu Ehren Lodys. Kurze Anmerkung, Herr Kröner, zum Sprachduktus an dieser Stelle: Eine „Naziplakette“, wie im Text aufgeführt, gibt es ebenso wenig wie eine „braune Versammlung“. Zum Schluss gibt es in der Publikation noch eine Beigabe: Ein Ausflug ins Seebad Travemünde, das auch zu Lübeck gehört, steht auf dem Programm.

© fdp

Matthias Kröner: Lübeck MM-City –inkl. Travemünde, Michael Müller Verlag Erlangen, 2. Auflage 2013, 216 Seiten, farbig, 12,90 EUR, 19,90 CHF, ISBN 978-3-89953-777-2




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