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Reise ans Ende der Nacht -

oder: Aufschrei gegen ein gewalttätiges Jahrhundert

Celine„Reisen, das ist mal was Nützliches, da kriegt die Phantasie zu tun. Alles andere bringt nichts als Enttäuschungen und Mühsal. Unsere Reise hier findet ganz und gar in der Phantasie statt. Das ist ihre Stärke.“ Ausgerechnet so beginnt ein Buch, das sich derart hart an die bitteren Realitäten dieser Welt heranwagt wie kaum ein anderes. Die literarische Reise geht durch die finstere Nacht eines gewalttätigen Jahrhunderts, des zwanzigsten, das sich so viel auf seine fortschrittlichen Errungenschaften zugute hielt. Der Autor spuckt - und das vor mehr als siebzig Jahren - eine unerbittliche Wahrheit nach der anderen aus, doch da niemand sie zur Kenntnis nehmen will, schlägt er sich weiter und immer weiter durch eine wahnsinnige Welt der Kriege, des Kolonialismus und der Ausbeutung und ergibt sich schließlich dem Zynismus.

Louis-Ferdinand Céline gilt in Frankreich als einer der wichtigen Romanciers des Jahrhunderts, seine „Reise ans Ende der Nacht“ wegen ihrer sprachlichen und gedanklichen Explosivität als bahnbrechendes Werk der Erzählkunst. Doch musste er mit einem solchen Roman, entstanden unter dem Eindruck und den Folgen des Ersten Weltkriegs, wohl ein Außenseiter bleiben. Sein ketzerischer Pessimismus passte nicht in die Jahre, als Faschismus und Sowjetkommunismus eine radikale Zuversicht einforderten, passte auch nicht in die Bundesrepublik der Nachkriegszeit, als Demokratie gewagt werden durfte, und er passt auch nicht ins offizielle Bild des neuen Jahrtausends, da wieder Kreuzzüge geführt werden, die neuerdings Friedensmissionen heißen. Immerhin: Das umstrittene Buch wurde ausgerechnet jetzt neu aufgelegt und zum ersten Mal getreu und eindrucksvoll ins Deutsche übersetzt. Und weil es ein radikaler Aufschrei gegen die Verkommenheit der Welt ist, sollte man es lesen, auch wenn es weder eine erholsame Reise noch ein behagliches Lehnstuhlvergnügen verspricht.

vm@saw

Louis-Ferdinand Céline: Reise ans Ende der Nacht. Roman. Rowohlt Tb 2004. ISBN 3499236583, 672 Seiten, 12,95 Euro

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