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Die Clerkenwell Erzählungen
oder
Londoner Gerüche

König Richard II. aus dem Hause Plantagenet hat die Unterstützung des größten Teils des Adels verloren: zu hohe Steuern, Kriege in Frankreich und Irland, die wenig glücklich verliefen, und ein mächtiger Gegenspieler. Eine Zeitenwende naht, doch sie kann wieder nur durch Gewalt erzwungen werden. Denn Heinrich Bolingbroke, der Herzog von Lancaster und spätere König Heinrich IV., setzt Richard im Tower von London gefangen und lässt ihn nach seiner eigenen Krönung einfach verhungern.
Doch auch Heinrichs Herrschaft wird nicht glücklicher sein, nur 14 Jahre dauern und ebenfalls nicht ganz freiwillig auf seinen Sohn Heinrich V. übergehen, der glorreich in Frankreich siegt, aber auch nur neun Jahre an der Macht bleibt. Der Sieg gegen Englands Lieblingsfeind kann jedoch die inneren Differenzen nur kurz überdecken, die schließlich in die Rosenkriege münden, die das Land 50 Jahre lähmen werden.
Aber hier greifen wir vor, gehen wir lieber nochmals zurück. Richards Vorfahr, König Johann (reg. 1199–1216), hatte schon jede Menge Ärger mit den Machtansprüchen des römischen Papstes auszufechten gehabt. Seitdem rumorte es in der Kirche Englands. Die Bischöfe verfolgten ihre eigene, ganz irdische Machtpolitik, Klöster und andere kirchliche Einrichtungen verschafften sich durch alle möglichen Händel Einkommen und Einfluss, nicht zuletzt durch den Verkauf von Ablässen, was Reformatoren und Prediger lange vor Luther gegen sie aufbrachte. Untergrundkirchen und Geheimgesellschaften tauchten auf und verschwanden wieder.
In diese Welt versetzt uns der Literaturwissenschaftler Peter Ackroyd, der nicht erst seit seiner „Biographie Londons“ die Ecken und Winkel der Stadt bestens kennt. Die Romanhandlung ist ziemlich schlicht, die Nonne von Clerkenwell sagt einige Ereignisse voraus, eine Geheimgesellschaft lässt einige Kirchen in Flammen aufgehen, und der ein oder andere meuchelt den ein oder anderen. Aber um Handlung geht es in diesem Buch auch nicht, sondern um ein Alltags- und Sittengemälde Londons zum Ende des 14. Jahrhunderts. Priester und Medikus, Koch, Ritter, Büttel und Knappe, Rechtsgelehrter und Ablasshändler, sie alle treten hier auf und tragen eine Episode bei. Das pralle Leben springt aus den Zeilen, so wie es mit allen Sinnen, vor allem aber dem Geruchssinn, wahrgenommen wird.
Und dann weiß Ackroyd immer noch ein paar schaurige Details mehr zu erzählen.

fjk@saw

Peter Ackroyd: Die Clerkenwell-Erzählungen, München:btb Verlang 2007, ISBN: 3442735009, 256 Seiten, 8,00 Euro.

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