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Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über China

Sehr unterhaltsam und in der Sache fundiert sind die Abhandlungen der Autorin geschrieben, die lange in China gelebt hat und daher das Land auch kennt, soweit man das Riesenreich der Mitte überhaupt kennen kann. Dass die Fragen wie „Essen Chinesen Hunde und Katzen?“ oder „Sehen alle Chinesen gleich aus?“ nicht nur die Neugier der Fragenden widerspiegeln, sondern auch die Ignoranz gegenüber anderen Kulturen stellt die Autorin in ihrem Vorwort heraus. Dennoch müssen diese Fragen – sie basieren sicherlich auch auf liebgewonnenen Klischees – auch beantwortet werden – und das geschieht. Ja, Chinesen in der Provinz Kanton essen Gürteltiere, Hunde, Katzen und auch Ratten, aber das sind eben nicht alle (sic!) Chinesen. Die Autorin belässt es nicht bei dieser Feststellung, sondern erläutert auch den Hang zu ungewöhnlichen Speisen und den Zusammenhang zwischen Speisen und Gesundheitszustand. So soll Skorpion beispielsweise gegen das Taubheitsgefühl nach einem Schlaganfall helfen und Haifisch die Haut kräftigen. Schlangenblut und Bärenhoden erzielen hohe Preise, denn beides verspricht Ausdauer in der Liebe – für den, der daran glaubt! Dass der Hund längst nicht mehr im Kochtopf landet, sondern das Schoßhündchen im Trend liegt, wird von der Autorin ganz besonders betont. Dankenswerterweise hat sie im ersten Kapitel der Mythen auch eine Speisekarte aufgenommen, bei der es auch gilt, zwischen den Zeilen zu lesen. So ist beileibe Feldhuhn nicht Feldhuhn, sondern Frosch, und Duftfleisch ist tatsächlich Hund. Auch im zweiten Mythoskapitel geht es um Essen, nämlich darum ob China ein Reis- oder ein Nudelland ist, sprich, ob die Nudel aus China nach Italien kam, mit oder ohne Marco Polo. Gleichsam die Butterbrotstulle Chinas, so Hauser, ist die Nudelsuppe. 2005 erbrachte zudem eine archäologische Ausgrabung, dass die Nudel eine Chinesin ist.

Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über China

Dass Chinesen ebenso wenig gleich aussehen wie für Asiaten Europäer wird von der Autorin mit der notwendigen Kompetenz dargelegt. Zugleich widmet sie sich auch der Frage, was Lachen in Asien und Europa jeweils bedeuten, zum einen Verlegenheit, zum anderen Offenheit. Dass etwaige Fehlverständnisse zu Missverständnissen werden, liegt dann auch auf der Hand. Gewiss muss auch der Legende Einhalt geboten werden, man könne die Große Mauer vom Mond aus sehen – und auch dies gelingt der Autorin in bestechender Weise. Dabei erläutert sie auch, dass das Weltkulturerbe Große Mauer eigentlich ein historisches Patchwork ist und entführt den Leser in die frühe chinesische Geschichte, beginnend mit der Zhou-Dynastie. Ein Klischee ist auch die Behauptung der 5000-jährigen Existenz Chinas. Zur Wiederlegung des Mythos steigen wir mit der Autorin tief in die Geschichte ein, erfahren von neolithischen Lokalkulturen und dem mythischen Beginn Chinas in der Zeit der Xia-Dynastie (2200-1600 v.u.Z.). Ob die Chinesen tatsächlich in Bildern schreiben und die Wiege Chinas der Gelbe Fluss ist, sind weitere lesenswerte Kapitel, die unser gängiges Chinabild korrigieren. Hinterfragt wird von Hauser auch Marco Polos Aufenthalt in China, indem sie sich näher mit der Reisebeschreibung „Wunder der Welt“ befasst und darin die lückenhafte Darstellung des chinesischen Alltags aufzeigt. Auch die rigide Politik der Ein-Kind-Familie wird von Hauser als Ammenmärchen entlarvt. Für jeden, der eine China-Reise plant, ist die vorliegende Veröffentlichung ein Muss, will man Land und Leute wirklich verstehen.

© fdp

Françoise Hauser: Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über China, 256 Seiten, kartoniert, Stuttgart 201, ISBN 978-3-8062-2390-3, 16,95 Euro.



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