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Das aufgeklärte Töten

Die Geschichte der GuillotineKeine andere Strafe ist seit Jahrzehnten international so umstritten wie die Todesstrafe. In der westlichen Welt seit der Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend geächtet, gibt es aber gegenwärtig noch immer 68 Länder, in deren Gesetze die Todesstrafe verankert ist. Anwendung findet sie vor allem in der Volksrepublik China, in Japan, Pakistan, Iran und zahlreichen amerikanischen Bundesstaaten.

Für Humanisten und Soziologen gilt das im Gesetzbuch fixierte Verbot der Todesstrafe als Maßstab, um den Zivilisationsprozess einer Gesellschaft beurteilen zu können. Mehr noch: Die Diskussion um die Todesstrafe ist ein Brennpunkt der Politik-, Rechts- und Ideengeschichte.

Die Anfänge im Kampf gegen die Todesstrafe sind im Zeitalter der Aufklärung verwurzelt. Obwohl Montesquieu, Voltaire und Rousseau die Todesstrafe befürworteten, meldeten sich damals bereits die ersten Gegner zu Wort, so der italienische Rechtsphilosoph Cesare Beccaria in seinem berühmten Werk „Von Verbrechen und Strafen“ (1764). Ihm folgten später einige Revolutionäre, darunter auch Mirabeau und Robespierre, die sich aber letztlich vergeblich für die Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen hatten.

Der Psychologe und Nationalökonom Andreas Schlieper hat jetzt im Osburg Verlag ein Buch über „Das aufgeklärte Töten“ veröffentlicht, das sich, wie der Untertitel verkündet, vor allem die „Geschichte der Guillotine“ zum Thema hat. Schieper entwirft ein breites Panorama des späten 18. Jahrhunderts, wobei er vor allem den Spuren von Joseph-Ignace Guillotin folgt, jenem Arzt, der die nach ihm benannte Guillotine erfunden hat.

Guillotin, der auch Mitlied der Nationalversammlung war, hatte sich dafür eingesetzt, das Rädern und andere Folterstrafen abzuschaffen, um die Todesstrafe zu „humanisieren“ und so den Verurteilten unnötiges Leid zu ersparen. Nach Guillotins Plänen konstruierte der aus Deutschland stammende Klavierbauer Tobias Schmidt eine Hinrichtungsapparatur, die 1792 von der Französischen Nationalversammlung per Dekret zum einzigen Hinrichtungswerkzeug bestimmt wurde – schließlich sollten alle Bürger vor dem Gesetz gleich behandelt werden und die Differenzierung der Strafen bei der Vollstreckung der Todesstrafe ein Ende finden.

Leider gelingt es Schlieper nicht, die Geschichte des Fallbeils in einen größeren geistes- und mentalitätsgeschichtlichen Kontext einzubinden; er entwirft zwar ein breites Panorama des Revolutionszeitalters, verliert sich aber immer wieder in langen Exkursen.

Letztlich hat er wenig Erhellendes beizutragen. An vielen Stellen reiht sein Buch leider nur Anekdoten und vage Spekulationen aneinander, so wenn er erst zahlreiche Persönlichkeiten der Weltgeschichte von Luther bis Goethe hinsichtlich ihrer „Midlife-Crises“ und ihrem „Aging-Male-Syndorm“ analysiert, um dann festzustellen: „Man kann nicht ausschließen, dass auch Guillotin von solchen grundlegenden Zweifeln geplagt war.“

 ran@saw

Andreas Schlieper: Das aufgeklärte Töten. Die Geschichte der Guillotine. Osburg Verlag 2008. ISBN-10: 3940731137. 22,90 Euro.

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