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Endstation Kabul

Endstation KabulGroß war das Geschrei, nachdem der Insiderbericht des deutschen Soldaten von seinem Einsatz in Kabul öffentlich wurde, denn Wohlgethan schildert seine Eindrücke ohne Rücksicht auf diktierte Fasson. Allerdings konnte die Empörung seitens der Politik „ob der überspitzten Darstellungen“ nicht lange andauern, denn zu beschönigen oder gar zu korrigieren gibt es an den Berichten des Soldaten nichts. Da kann der deutsche Verteidigungsminister Jung bei jeder Gelegenheit noch so jammern, dass immer nur das Negative an der Bundeswehr gesehen wird.

Wohlgethan hat mit seinem Erfahrungsbericht all den bisher bekannten Mängeln noch andere hinzugefügt und mehr noch: Zum ersten Mal erhält man ungeschönten Einblick in den Alltag eines Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr und ist so in der Lage, die Diskussion um den bestehenden und mehr noch um weitere Einsätze kompromissloser zu führen, als dies bisher der Fall sein konnte.

Der Fallschirmjäger Achim Wohlgethan schildert seine Eindrücke von seiner Stationierung in einem Tenor, der emotionsgeladen ist und nüchtern, vorsichtig formulierend, lebendig und kenntnisreich im Detail. Man merkt den Berichten die Nähe des Soldaten und seiner mitstationierten Kollegen und Freunde zu Land und Leute an, ihre vorsichtigen Annäherungen an die völlig fremde Kultur, ihr Entsetzen ob der unhaltbaren Zustände in Krankenhäusern und ihre Hilflosigkeit ob für unsere Begriffe ärmlichen Lebensstil der meisten Afghanen. Er nimmt den Leser mit Situationen, in denen er bewaffneten afghanischen Kämpfern gegenüber stand, die nicht selten auch noch Kinder waren.

Er schildert die Auseinandersetzung mit der ständigen Bedrohung des Lebens ebenso wie auch die internationale Afghanistan-Politik, mit den Problemen der deutschen Armee mittendrin. Einer Armee, die ihre Soldaten in einen Einsatz schickt, den sie nur mit unzureichenden Mitteln durchführen können. Wo der Container mit den Waffen der Neuankömmlinge nicht auffindbar ist oder die Soldaten vom Flughafen durch eines der gefährlichsten Kriegsgebiete der Welt hindurch in „stinknormalen, zivilen Charterbussen“ kutschiert werden!

Ob das die Soldaten, sowie ihre Mütter und Frauen verstehen können, Herr Jung? Zumal die Infrastruktur der holländischen Armee beispielsweise sich ungleich schützender um ihre Soldaten aufstellt – wie dies vor Ort aussieht, erfährt man in diesen Aufzeichnungen und ist schockiert ob der Fahrlässigkeit, mit der deutsche Soldaten am Hindukusch verheizt werden.

Achim Wohlgethan schildert in einer erschütternden Prägnanz, wie gekonnt die Bundeswehr die Gefährlichkeit ihrer Mission herunterspielt und wie die Soldaten politisch, oft auch moralisch und juristisch im Stich gelassen werden. Einiges hatte man bis dato schon von den Problemen der Veteranen gehört, hatte fassungslos die wenigen Filme zu dem Thema angeschaut, sieht all das nun in diesem Buch bestätigt und darüber hinaus noch drastischer wiedergegeben.

Nein, wir wären nicht gerne blauäugig geblieben, wir hätten uns aber mehr politische Korrektheit gewünscht und stünden gerne weniger als ein Abbild amerikanischen Kriegszynismus da.

usch@saw

Achim Wohlgethan: Endstation Kabul. Ullstein Tb. ISBN 3548372775. 9,95 Euro.

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