Chile im Überblick

Man spricht vom "längsten Handtuch der Welt" und einem "gelungenen geographischen Witz". Kein Wunder. Eine Länge von 4.275 km und eine durchschnittliche Breite von 188 km formt wirklich eine "loca geografía", die für Chile so bezeichnende "verrückte Geographie". Die breiteste Stelle beträgt bei Antofagasta 355 km, die schmalste rund 90 km auf der Höhe von Illapel. Mittendrin eine unvergleichliche Fülle landschaftlicher Faszination: Wüstenhügel und Andengipfel, heiße Quellen und Geysire, Fjorde und Gletscher.

Mit der Hauptstadt Santiago de Chile erwartet uns ein Fünf-Millionen-Moloch in einem gewaltigen andinen Becken. Herzstück der 1541 von Pedro de Valdivia ins Leben gerufenen Metropole ist die Plaza de Armas mit der neoklassizistischen Kathedrale und einem Reiterdenkmal des Stadtgründers. Rundherum breiten sich geschäftige breite Fußgängergassen aus, die ebensogut in Südeuropa liegen könnten. Einen Abstecher lohnt der quirlige Zentralmarkt mit seinen Fischrestaurants. Aus kolonialen Zeiten hat sich wenig originalgetreu erhalten; als das am besten erhaltene Kolonialgebäude gilt die Casa Colorada vom Ende des 18. Jahrhunderts, heute Sitz des Stadtgeschichtlichen Museums. Nicht versäumen sollte man den Besuch des im einstigen Königlichen Zollpalast untergebrachten Museums für Präkolumbinische Kunst mit Gold- und Silberschmuck sowie Keramik- und Webarbeiten verschiedener andiner Kulturen. Von den tragischen Ereignissen der jüngeren Geschichte ist der Moneda-Palast umweht, in dem Präsident Salvador Allende beim Staatsstreich 1973 den Tod fand. Gute Ausblicke über Santiago bieten sich vom citynahen Hausberg Santa Lucía, doch für das bessere Panorama bürgt der 860 Meter Cerro San Cristóbal. Hier thront man rund 300 Meter über dem Häusermeer und schaut hinüber auf die Kordilleren.

Die Lage Santiagos erlaubt es, im Umkreis von 100 km auf Skipisten wie denen von Portillo zu wedeln, sich in den heißen Bergquellen der Baños Morales und der Baños Colina zu baden und sich an den Sandstränden des Ozeans auszustrecken. Während des Südsommers zieht es viele Urlauber an die Küste nach Viña del Mar, das sich mit den Beinamen "Perle des Pazifiks" und "Gartenstadt" schmückt. Viña del Mar bietet ein überwältigendes Hotel- und Restaurantangebot und steht in Chile als Synonym für Baden, Bräunen, Ausgehen, Flanieren und Shopping, kurzum: Vergnügen aller Art. Rasch erreicht sind weitere sommerliche Ferienzentren wie Reñaca und Concón.

Nördlich von Santiago de Chile sind es auf der Ruta 5 rund 2.000 Kilometer bis nach Arica. Durch Steppengebiete hindurch geht es zur ersten wichtigeren Station La Serena, unterwegs führen Abstecher zum Monumento Nacional Valle del Encanto ("Tal des Zaubers", kultisches Zentrum vorspanischer Kulturen) und dem an für seine Küstennebel bekannten Nationalpark Fray Jorge. La Serena zeigt sich als malerische Stadt der Kirchen und Blumen, der Parks und Patios und dient als Sprungbrett zu den Sternwarten Cerro Tololo und La Silla. Landeinwärts führt ein Trip durchs Elquital, Heimat des Pisco (chilenischer Traubenschnaps) und der Literatur-Nobelpreisträgerin Gabriela Mistral, der man in ihrer Heimatstadt Vicuña ein Museum gewidmet hat.

Chile, Otway-Meerbusen

Pinguine in ihrer Erdhöhle am Otway-Meerbusen

Im höheren Norden Chiles ändern sich die Bilder. Die trockenen Zonen gewinnen an Boden und münden in die , eines der menschenfeindlichsten Gebiete der Erde. Die Wüste schiebt sich bis an die Küstenstädte Antofagasta und Iquique heran, im Landesinnern liegen die Salpeterstädte Pedro de Valdivia und María Elena, weiter Richtung Anden ist mit der Oase San Pedro de Atacama einer der Höhepunkte in ganz Chile erreicht. Von dort aus starten organisierte Touren ins "Tal des Mondes", an den Atacama-Salzsee und zum rund 4.500 Meter hoch gelegenen Geysirfeld Tatio. Um wieder an die Ruta 5 anzubinden, geht es von San Pedro de Atacama unweigerlich zurück nach Calama, das seine Existenz im Wesentlichen dem Kupfer- und Salpeterhandel verdankt. Nördlich der Stadt liegt bei Chuquicamata der größte Kupfertagebau der Welt.

Arica kündigt sich als "Stadt des ewigen Frühlings" an - und das mitten in der Wüste. Kleine Armadas an Wasserfahrzeugen sorgen täglich für all die grünenden Palmwiesen und die blühenden Hibiskussträucher. Wahrzeichen ist der Morro, ein karger Berg über dem Hafen, der im Salpeterkrieg als uneinnehmbare Festung der Peruaner galt und an einem Junitag des Jahres 1880 von den Chilenen in nur 55 Minuten erstürmt wurde. Vom Morro aus schweifen schöne Blicke über die 200.000-Einwohner-Stadt, die im Zentrum angenehme Flaniermeilen und die Kirche San Marcos bietet; das Gotteshaus steckt in einem eisernen Stützwerk der Pariser Werkstätten Gustave Eiffel. Lohnende Nahausflüge führen von Arica zum Archäologischen Museum San Miguel de Azapa und ins Azapa-Tal mit seinen Geoglyphen. Richtung bolivianischer Grenze geht es hinauf in die Andendörfer Putre und Parinacota sowie auf über 4000 m Höhe in den Lauca-Nationalpark mit dem imposanten Hochlandsee Chungará.

Südlich von Santiago de Chile stößt man immer tiefer in die chilenischen Obst- und Gemüsegärten vor. Weintrauben und Äpfel reifen hier ebenso heran wie Kiwis, Kartoffeln, Tomaten und Mais. Auf der Höhe von Temuco beginnt das große Seengebiet, wo sich im 19. Jahrhundert zahlreiche deutsche Auswanderer niederließen. Am Lago Villarrica - mit Blick auf den schneegekrönten Villarrica-Vulkan - suchten sie sich eines der schönsten und grünsten Plätzchen aus. Weitere Zentren der Deutsch-Chilenen sind die weiter südlich gelegenen Städte Valdivia und Osorno, im Hinterland vermischen sich Seengebiete und Anden. Als König der Seen gilt der vom Osorno-Vulkan überragte Lago Llanquihue, an dessen Südufer sich die "Rosenstadt" Puerto Varas schmiegt. Auch hier und im nahen Frutillar ist noch deutsch zu hören.

Puerto Montt, Hafenstadt am Meerbusen von Reloncaví, ist Sprungbrett in den tiefen Süden und auf die Insel Chiloé mit ihren zahlreichen Holzkirchen und Fischerorten. Weiter südöstlich beginnt die abenteuerliche Carretera Austral, die erst 1976 begonnene "Südstraße", die sich weit über 1.000 km tiefer durch unberührte Fjord-, See- und Gletschergebiete bis Villa O'Higgins zieht. Bedeutendste Stadt am Wege ist das auch per Luftweg erreichbare Coyhaique. Nur ein Traum Chiles hat sich bis heute nicht erfüllt: der einer durchgängigen Landverbindung in den tieferen Süden. Einem solchen Projekt steht die Geografie in Form von Fjorden, Inseln und dem südlichen patagonischen Eisfeld entgegen. Man kommt nur per Luft- und Seeweg oder in einer Riesenschleife durch Argentinien weiter.

Chiles tiefer Süden ist ein wahres geografisches Labyrinth, eine Region der tausend Inseln, Kanäle und Buchten. Zerklüftete Kordilleren wechseln sich mit Gletscherseen und den öden Weiten der patagonischen Pampa ab. Hier fallen reiche Niederschläge und pfeifen eisige Winde; die Wolken hängen stets tief, die Winter sind lang und hart. Größte Städte sind Punta Arenas und das spektakulär am Ultima-Esperanza-Fjord gelegene Puerto Natales. Von hier aus brechen Naturfreaks zum Nationalpark Torres del Paine auf, einem der faszinierendsten Schutzgebiete Südamerikas. Er ist nach dem Granitmassiv Torres del Paine benannt, in dem drei bis zu 2850 m hohe "Türme" in den Himmel über Patagonien stechen. Der Nationalpark wird "Alaska in Kleinformat" genannt und lässt unter Naturliebhabern kaum Wünsche offen: türkisfarbene Seen, schneegekrönte Gipfel, reißende Flüsse, kalbende Gletscher, Wasserfälle, Guanacoherden und zahlreiche Vogelarten. Der Park ist von markierten Trekkingrouten durchzogen, es gibt Hosterías, Campingareale und bewirtschaftete Hütten.

Weiter südlich trennt die Magellan-Straße das magische Feuerland (Tierra del Fuego) vom amerikanischen Kontinent. Seit 1881 ist die rund 47.000 km² große Insel zwischen Chile und Argentinien geteilt. Wichtigste chilenische Stadt ist Porvenir, leichter zugänglich und attraktiver ist der argentinische Teil mit seiner Küstenstadt Ushuaia.

Osterinsel

Hinter dem Anakena-Strand auf der Osterinsel
reihen sich moais mit grossen steinernen Hüten auf

Für viele liegt das wahre chilenische Schmuckstück rund 3.700 km westlich im Pazifik und viereinhalb Flugstunden von Santiago de Chile entfernt: die erst seit 1888 zur fernen Andenrepublik gehörige Osterinsel (Rapa Nui). Hier erheben sich die weltberühmten Steinstelen polynesischer Bildhauer, die als Zeugen einer versunkenen Kultur seit Jahrhunderten von Mysterien umweht werden. Es ist Chiles aufregendstes Freilichtmuseum, geprägt von den zeremoniellen Freiluft-Tempelanlagen (ahu), auf denen die Insulaner einst ihre steinernen Kolossalfiguren (moai) verehrten. Es waren Symbole der vergöttlichten Ahnen, Mittler zwischen Lebenden und Göttern.

mehr zu: Welt(kultur)erbestätten in Chile

Auf der 24 km langen und 12 km breiten Osterinsel jettet man in der Hauptstadt Hanga Roa ein, wo einen alles andere als rückständige Inselromantik erwartet. An touristischer Infrastruktur hat man es alleine mit über 500 Hotelbetten zu tun, es gibt fließendes Wasser und elektrisches Licht, Restaurants und Videoshops. Beliebter Treffpunkt ist die Playa Pea, ein klippengeschütztes Naturschwimmbad mit steinigem Strand. Schon am Ortsrand von Hanga Roa bekommt man die "Faszination Osterinsel" in Form der Bildnisplattformen des Tahai-Komplexes zu spüren, doch so richtig geht's mit Touren außerhalb Hanga Roas los; Individualisten mieten sich am besten einen Jeep über einen Privatanbieter. Eine schöne Tour führt südlich der Stadt an den Kraterrand des Rano Kau und zur Zeremonialstätte Orongo mit ihren Petroglyphen und Steinhäusern, die große Inselrundfahrt zu besonders spektakulären ahu und moai. Höhepunkt ist der vulkanische Krater des Rano Raraku, aus dessen Tuffgestein fast alle Steinstatuen geschlagen werden. Hier ragen vollplastische Stelen aus dem Grund, aus den steinernen Gesichtern sprechen Stärke und Überlegenheit und Weisheit zugleich. Weitere Stationen bei der Rundfahrt sind der Ahu Tongariki (200 Meter breite Bildnisplattform), der sandige Traumstrand von Anakena und der Ahu Akivi (Bildnisplattform der "Sieben Moai").

Andreas Drouve

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