Text und Fotos: Ulrich Traub
Der Weg von der Moderne ins Mittelalter ist nur wenige Schritte weit. Es ist auch der Weg vom Mythos zum Glauben. Hier der hölzerne, trotz seiner Farbigkeit archaisch anmutende „Apoll“ des Künstlers Markus Lüpertz, dort die erste Station des ältesten erhaltenen Kreuzwegs in Deutschland.
Tor zur Bürgerstadt: das Alte Rathaus, das auf einer Insel in der Regnitz liegt
Wenn von Einkehr in Bamberg die Rede ist, denken die meisten wohl an eine Gastwirtschaft. Schließlich ist die Stadt ja so etwas wie die Bierhauptstadt der Republik mit nicht weniger als acht unabhängigen Brauereien. Dabei soll hier von einer anderen, in unserer vergnügungssüchtigen Zeit ins Abseits geratenen Einkehr gesprochen werden: der inneren Einkehr. Wer die sucht, findet in der schönen Bischofsstadt ein geeignetes Ziel – besonders zur Osterzeit.
Ort der Einkehr: Traditionsbrauhaus Schlenkerla (Mitte), Heimat des gewöhnungsbedürftigen Rauchbieres
„Ich bin sehr froh, dass sich mal jemand für dieses Thema interessiert“, sagt Anna-Elisabeth Stein. Die Stadtführerin freut sich auch darüber, dass der Bamberger Kreuzweg vor einigen Jahren restauriert worden ist. „Das wurde auch Zeit, denn mit seiner über 500-jährigen Geschichte ist er doch etwas Besonderes.“ Seit dem Jahr 1503 warten die sieben Stationen auf Pilger und andere Andächtige oder Staunende. Von St. Elisabeth bis zu St. Getreu verläuft der Weg leicht ansteigend. Man merkt es in den Beinen: Die Stadt ist wie Rom auf sieben Hügeln erbaut worden.
Jesus reicht Veronika das Schweißtuch: eine der sieben Stationen des Bamberger Kreuzwegs, des ältesten in Deutschland
Ausdrucksstarke Steinreliefs zeigen, wie der gekrümmt stehende Jesus mühsam das Kreuz schultert, seine in Ohnmacht fallende Mutter, klagende Frauen und brutale Peiniger. Die Szenen sind mit erklärenden Bildunterschriften versehen. „Früher war es üblich, dass Adelige Kreuzwege für diejenigen anlegen ließen, die nicht ins Heilige Land reisen konnten“, erfährt man von der Stadtführerin. Seinen Abschluss findet der von Ritter Marschalk von Raueneck gestiftete Kreuzweg vor dem beeindruckenden Heiligen Grab mit farbigen, fast lebensgroßen Sandsteinfiguren. Es versteckt sich in St. Getreu hinter dem barocken Kreuzaltar und den bühnenartig den dahinter liegenden Raum erschließenden Durchgängen.
Auf dem (Kreuz-)Weg von der Unteren Sandstraße (1) ausgehend mit ihren vielen Kneipen lässt man den Rummel der Stadt hinter sich. Man spaziert unterhalb der barocken Residenz und dem Rosengarten, wo es sich einst die Fürstbischöfe gut gehen ließen. In die andere Richtung knickt der stille Benediktinerweg zum ehemaligen Kloster und zu St. Michael ab. Am Ende des Wegs lädt hinter St. Getreu die im Grünen liegende Villa Remeis (2) zu einer Kaffeepause – Blick über die Stadt inklusive.
Ort der Stille: St. Michael und das ehemalige Kloster liegen direkt am Kreuzweg
Von diesem exklusiven Ort geht es zurück, nein, nicht zum Dom mit seinen Touristenhundertschaften, sondern zur unscheinbaren Maternkapelle. Hier haben die Bamberger Krippenfreunde ihren Ausstellungsraum und zeigen zur Osterzeit eine weitere Besonderheit: Passionskrippen. Diese „ernsten Krippen“, die das Geschehen von Palmsonntag bis Ostermontag darstellen, findet man fast nur noch im fränkischen Raum. Warum nur hier? Da-rauf weiß niemand eine schlüssige Antwort.
Passions- oder ernste Krippe: eine Kreuzabnahme von Karl-Heinz Exner
Bei der Passion sei der Krippenbauer im Gegensatz zu den Weihnachtsdarstellungen mehr gefordert, erklärt Karl-Heinz Exner. „Man muss sich mit vielen verschiedenen Szenen und Figuren beschäftigen und sich überlegen, wie bringe ich zum Beispiel Leben ins Letzte Abendmahl.“ Der frühere Computertechniker betont, dass es keine normale Arbeit sei. „Es ist intensives Erleben.“ So mag es auch den Besuchern der Ausstellung gehen, die ergreifende Szenen wie den leidenden Jesus in einem abweisenden Raum mit hohen Decken sehen. Die Krippen sind voller Dramatik, zeugen aber auch vom Einfallsreichtum der Künstler. Zypressen seien aus den Dolden der Nachtkerze gefertigt, Wasser aus Plexiglas, verrät Krippenbauer Exner.
Rätselhaftes Figurenprogramm im romanischen Kreuzgang des Karmelitenklosters
Von der Maternkapelle führt der Weg der Bamberger Ostermarschierer hoch zum Karmelitenkloster (3). Hier befindet sich einer der wenigen erhaltenen romanischen Kreuzgänge. „Manchmal bin ich jeden Tag hierher gegangen“, erzählt Anna-Elisabeth Stein. „Ich wollte die rätselhaften Kapitellfiguren verstehen.“ Einiges könne aber auch die Wissenschaft bis heute nicht erklären. Menschen-, Tier- und Pflanzensymbole wechseln sich ab. Ein Hauptthema des Bildprogramms ist der Kampf gegen Versuchung und Sünde. „Die Plastiken dienten der Unterweisung, sie waren so etwas wie eine dreidimensionale Bibel“, erklärt die Führerin. „Die damaligen Bewohnerinnen, Nonnen des Benediktinerordens, konnten nämlich nicht lesen.“
Barock in gotischen Mauern: Blick in die Obere Pfarre
Vom Hauch der Geschichte, der im Kreuzgang des Karmelitenklosters spürbar ist, inspiriert, führt der Weg zur gegenüberliegenden Oberen Pfarre (4). An der Westseite der katholischen Stadtpfarrkirche findet man eine Ölberg-Szene, deren Figuren aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert an die Reliefs der Kreuzwegstationen erinnern. Auch ein Werk des Venezianers Tintoretto, das verblüffend dynamisch und vital die „Aufnahme Mariens in den Himmel“ zeigt, überrascht. Es kam im Tausch mit einem Veit-Stoß-Altar vom Dom in die Obere Pfarre. Hier kann man das gewaltige Gemälde nun mit der gebotenen Ruhe bewundern.
Wer von den sieben Hügeln hinunter spaziert, erreicht die Bürgerstadt. Stille Einkehr ist hier weniger angesagt, aber dass Ostern ist, merkt man spätestens vor dem Neptunsbrunnen (5) am Grünen Markt. Die barocke Anlage zieren zu dieser Zeit hunderte bemalte Eier: ein Brauch, der die Bedeutung des Wassers, das früher in dieser Region knapp war, betont. In den Dörfern der benachbarten Fränkischen Schweiz findet man überall üppig geschmückte Osterbrunnen. Auf die Bierproduktion kann sich die einstige Wasserknappheit nicht ausgewirkt haben. Deshalb ist die Einkehr in eines der traditionellen Bamberger Brauhäuser zum Abschluss des Rundgangs auch oberstes Gebot.
Was Neptun wohl dazu sagen würde: Osterbrunnen vor der Kirche St. Martin
Informationen
Bamberg Tourismus: 0951/2976-200, www.bamberg.info
Passionskrippenausstellung Termine unter: www.krippenfreunde-bamberg.de
Suchen bei schwarzaufweiss
Reiseveranstalter Deutschland bei schwarzaufweiss
Wer heute ein wenig Berliner Luft schnuppern möchte, den laden wir zu einer Reise an Spree und Havel ein. Eine prima Gelegenheit, sich wesentliche Teile der Stadt an einem Tag anzuschauen, ist die Fahrt mit den Bussen 100 und/oder 200. Ausgehend vom Alexanderplatz kommt man unterwegs am Berliner Dom und der Museumsinsel vorbei, am Deutschen Historischen Museum, der Neuen Wache, dem Brandenburger Tor und dem Reichstag, an der „Schwangeren Auster“ und am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten.
Mehr lesen ...
Nein, keine Angst, der Pfad schwankt nicht. Dennoch greifen viele Besucher des längsten Baumwipfelpfads der Welt unwillkürlich ans Geländer. Sie haben den Eindruck, der Holzweg, der an dieser Stelle auf 18 Metern Höhe unterhalb der Baumwipfel entlang führt, bewegt sich hin und her. Dabei ist es nur der wenige Zentimeter vom Geländer des Pfads entfernte Schubsbaum, den ein Baumwipfelpfad-Führer mit einer Hand zum Schwingen gebracht hat.
Mehr lesen ...
52 km lang und 41 km breit, darauf verteilt 926 Quadratkilometer Landschaft, das ist sie, Rügen, die größte Insel Deutschlands. Nicht wenige Touristen bezeichnen sie gleichzeitig auch als die schönste Insel des Landes. Ihre Vielfalt ist einmalig.
Mehr lesen ...
34 Meter ist sie lang, genauso lang wie ein Blauwal werden kann: Die Rolltreppe, auf der Besucher vom Foyer nach oben schweben, um mit ihrem Rundgang durch das Ozeaneum vor Stralsunds Altstadtkulisse unweit der neuen Rügenbrücke zu beginnen. Neben der frei tragenden Treppe beeindruckt schon von außen der weiße mit Glas durchsetzte Bau aus Beton und Stahl.
Mehr lesen ...