Hamburg-Wilhelmsburg – Stadt im 21. Jahrhundert

Eine Radtour durch die IBA, die Internationale Bauausstellung in Hamburg

Text: Dagmar Krappe
Fotos: Axel Baumann

Nach sieben Jahren Vorbereitung begann für die Internationale Bauausstellung (IBA) am 23. März 2013 die wichtigste Phase: Das Präsentationsjahr, das bis zum 3. November 2013 dauern wird, startete. Über 60 bleibende bauliche, soziale und kulturelle Modellprojekte werden auf 35 Quadratkilometern auf den Elbinseln Wilhelmsburg und Veddel sowie im Harburger Binnenhafen präsentiert. Auf einer zirka 25 Kilometer langen Radtour können Interessierte 70 Prozent aller Projekte ansteuern.

IBA Hamburg - WOODCUBE

WOODCUBE

Zum ersten Mal in der Geschichte der Hansestadt findet in Hamburg eine Internationale Bauausstellung statt. Wie bei Bauausstellungen üblich, die erste gab es 1901 in Darmstadt, sind alle Aktionen auf Dauer angelegt. Eine IBA ist ein Instrument des Städtebaus, um mit neuen Ideen und Maßnahmen im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich Impulse für einen erforderlichen städtebaulichen und landschaftlichen Wandel zu setzen. Der Hauptanteil der Vorhaben befindet sich im flächenmäßig größten Stadtteil Hamburgs - in Wilhelmsburg. Dies ist die größte Flussinsel Europas und die zweitgrößte bewohnte Flussinsel weltweit nach Manhatten.

Hamburg - IBA Dock

IBA Dock

Unsere Radtour beginnt am S-Bahnhof Veddel (1) mit einem Abstecher zum IBA-Dock (2), dem schwimmenden Ausstellungs- und Bürogebäude gegenüber der Auswandererwelt BallinStadt. Mit seiner modulen Bauweise erinnert es an aufeinander gestapelte Container. Es ruht auf einem Stahlbetonponton, der sich täglich mit der Tide 3,5 Meter auf- und abbewegt. Hier bekommen wir den ersten Überblick über die über 60 IBA-Vorhaben, die drei Leitthemen zugeordnet sind: „Kosmopolis - neue Chancen für die Stadt“ zeigt, welche Potenziale sich aus dem Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen ergeben können, besonders im Hinblick auf eine Verbesserung der Bildungssituation. Von den zirka 55.000 Einwohnern in Wilhelmsburg und Veddel haben rund die Hälfe einen Migrationshintergrund. Bei den Metrozonen handelt es sich um „neue Räume für die Stadt“. Zentrale, aber vernachlässigte Orte werden neu belebt. Kernpunkt ist das Projekt „Wilhelmsburg Mitte“ am Wilhelmsburger Inselpark. Das Thema „Stadt im Klimawandel - neue Energien für die Stadt“ widmet sich regenerativen Energien auf den Elbinseln.

Wir radeln weiter zum Energieberg Georgswerder (3). Der fast 40 Meter hohe Deponiehügel wird zum Energielieferanten durch Windkraft und Sonnenenergie. Jahrzehnte war das Gelände für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Hausmüll und verseuchte Industrieabfälle wurden hier bis 1979 gelagert. Mittels eines aufwändigen Verfahrens wurde die Deponie abgedichtet, so dass keine giftigen Stoffe mehr austreten können. Das Informationszentrum zeigt den Wandel von der giftigen Umweltlast zum Standort für regenerative Energieerzeugung. Ein Horizontrundweg bietet fantastische Ausblicke auf den Hamburger Hafen und bis zu den Mundsburg-Türmen.

Über den Hövelweg erreichen wir die Wilhelmsburger Dove-Elbe und machen einen Abstecher zur Windmühle Johanna (4) in der Schönenfelder Straße. Hier entstand als interkulturelles Projekt ein Backhaus. Nun kommt das „Wilhelmsburger Mühlenbrot“ frisch aus dem Holzbackofen. Nachdem vier Mühlenvorgängerbauten verfielen oder durch Brand zerstört wurden, entstand 1875 der Galerieholländer Johanna und war bis 1960 in Betrieb. Eine von vielen Mühlenbesitzern war die Familie Cordes, deren Sohn Johann Wilhelm den größten Parkfriedhof der Welt in Hamburg-Ohlsdorf schuf und dort bis zu seinem Tod 1917 fast 40 Jahre lang Direktor war.

Im Süden der Elbinsel passieren wir den Elbstrand Finkenriek (5) und fahren gleich hinter der Autobahn A 253 auf die Harburger Schlossinsel (6). Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war sie als Festung von militärischer Bedeutung, später entwickelte sie sich als Zentrum des Harburger Binnenhafens. Woran es seit der Entlassung aus dem Hafengebiet mangelte, waren Wohnungen und ein grünes Umfeld. Im Rahmen der IBA entstehen 370 neue Wohneinheiten, ein sternförmiger Park und die Gestaltung der Lotsekaipromenade.

IBA Hamburg - Energiebunker kurz vor der Fertigstellung

Energiebunker kurz vor der Fertigstellung

Wir verlassen die Schlossinsel auf gleichem Wege, wie wir gekommen sind und halten uns nach Überquerung der Süderelbe nach links Richtung Reiherstieg, und radeln weiter geradeaus bis zum Energiebunker (7) in der Neuhöfer Straße. Der ehemalige Flakbunker wurde 1943 mit vier Flaktürmen errichtet. Tausenden Menschen diente er als Schutz vor Luftangriffen. 1947 wurde das Gebäude durch die britische Armee mit einer gezielten Sprengung innen völlig zerstört. Sechs der acht Etagen stürzten ein. 60 Jahre lang war das Bauwerk nicht zugänglich, bis es seit 2011 im Zuge der IBA saniert und als Mahnmal erhalten wird. Eine Ausstellung dokumentiert die Geschichte des Bunkers. In Café „vju“ in einem der Flaktürme in 30 Metern Höhe kann man nicht nur eine Tasse „WATERKANT“-Kaffee und schmackhaften Kuchen, sondern auch eine tolle Aussicht genießen. Natürlich geben auch die Kohlenhydrate Energie, aber der Name Energiebunker wurde gewählt, da das Gebäude auf dem Dach und zur Südseite mit einer 4.000 Quadratmeter großen Solarhülle, einer Photovoltaikanlage und einem Blockheizkraftwerk ausgestattet ist. Nach kompletter Fertigstellung des Wärmenetzes im Jahr 2015 wird der Bunker 3.000 Haushalten Wärme und 1.000 Haushalten Strom liefern.

IBA Hamburg - Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

Wir fahren über die Georg-Wilhelm-Straße zurück bis Wilhelmsburg-Mitte in die Neuenfelder Straße. Direkt am Inselpark wächst ein innovatives Stadtquartier mit einer Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Einzelhandel, Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten. Auffällig ist das geschwungene, farbenfreudige Gebäude der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (8). In der „Bauausstellung in der Bauausstellung“ entstanden mit 15 Häusern vier Typen unterschiedlicher Wohnungsbauprojekte: Smart Price Houses (kostengünstiger Wohnungsbau), Smart Material Houses (Bauen mit neuartigen Materialien), Water Houses (Bauen auf dem Wasser) und Hybrid Houses (ein Miteinander von Wohnen und Arbeiten). "Der Wald kommt in die Stadt!" - lautet das Motto des Wälderhauses (9) mit seiner hellbraunen Lärchenholzfassade, das die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald realisierte. Es beherbergt ein Hotel, und in der Dauerausstellung, dem Science Center Wald, können Besucher die Ökologie des Waldes, seine Wichtigkeit für Wasser und Klima sowie seine kulturelle Bedeutung erleben. Nicht weit davon entfernt steht das Smart Material House „BIQ“ (10) mit seiner Bioreaktorfront aus Algen zur Energieerzeugung, Lichtsteuerung und Beschattung des Gebäudes. Durch das Wachstum der Algen ist die Fassade ständig in Bewegung und verändert ihre Farbe. Wir bewegen uns auch - über die neu errichtete „Muharrem-Acar-Brücke“ (benannt nach einem verstorbenen Wilhelmsburger Einwohner, der stellvertretend für eine ganze Generation türkischer Einwanderer steht, die sich in Deutschland integriert und engagiert haben) Richtung S-Bahn Wilhelmsburg (11), um nach einem informativen und innovativen Tag den Heimweg anzutreten.

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