Von absoluter Schönheit

Entdeckungen rund um die Insel Potsdam

Text und Fotos: Ulrich Traub

Es muss nicht immer Sanssouci ein, könnte das Motto einer Fahrt in die Umgebung Potsdams sein. Der rote Faden der Tour ist eigentlich ein blauer, denn die preußische Residenzstadt ist eine von der Havel, Seen und Kanälen eingeschlossene Insel. Aber er ist erst recht ein grüner.

Potsdam - Heilandskirche

Und das kam so: Seit dem so genannten Verschönerungsplan des königlichen Gartenbaumeisters Peter Joseph Lenné, der ab 1840 realisiert wurde, endet die Kulturlandschaft nicht mehr an den Stadtgrenzen. Rund um Potsdam wurden Grundstücke gekauft, um die alten und die neu errichteten Schlösser sowie Kirchen mit einem Grünzug im englischen Landschaftsstil, der sich an den Ufern der Havel erstreckt, zu verbinden.

Mit einem besonderen Kapitel deutscher Teilungsgeschichte startet die Rundfahrt im Norden. Am Zipfel der Sacrower Halbinsel liegt die von Arkaden umschlossene und mit ihrem frei stehenden Glockenturm italienisch anmutende Heilandskirche(1). Wie ein vor Anker gegangenes Schiff ruht das Gotteshaus direkt am Ufer. Spaziergänger lassen den Blick schweifen, während kleine Wellen gegen die Mauern plätschern. Über die Havel in Richtung Pfaueninsel, zum Schlosspark Klein-Glienicke und zur Glienicker Brücke – die Blickachse reicht von Ost nach West über die ehemalige Grenze, die durch den Fluss verlief. Es ist ein aus der Zeit gefallener Ort, dessen idyllische Abgeschiedenheit in krassem Gegensatz zu seiner Vergangenheit steht.

Potsdam - Heilandskirche

Heilandskirche

Der Uferweg, der zur Heilandskirche führt, verläuft über die Trasse des ehemaligen Todesstreifens. Park und der angrenzende Wald wurden zu DDR-Zeiten abgeholzt oder verwilderten. Das Gelände diente zur Schulung von Spürhunden. Geld aus dem Westen ermöglichte Mitte der 80er-Jahre die Restaurierung der seit 1962 weitgehend zerfallenen Kirche. Betreten werden durfte sie aber weiterhin nicht. Das änderte sich unter großer Anteilnahme der Bevölkerung aus Ost und West erst nach dem Mauerfall 1989. Mittlerweile gehört der Sacrower Park mit Schloss und Kirche zum Unesco-Weltkulturerbe.

Nach Westen führt die Umrundung der Potsdamer Insel an das Ufer des Schlänitzsees, wo sich das von einem Park mit Badebuchten umgebene Schloss Marquardt (2) versteckt. In den 30er-Jahren logierten hier, im Hotel Kempinski, noble Gäste. Auch als Filmkulisse ist das neobarocke Schloss schon zu Ehren gekommen. Es mag verwundern, dass sich zurzeit keine neue Nutzung für das Gebäude finden lässt. Aber die Schlösserdichte ist um Potsdam eben ausgesprochen hoch.

Als königliche Erinnerungsstätte warten dagegen die restaurierten Räume von Schloss Paretz (3) auf Besucher. Der gleichnamige Ort war von Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise als Sommerfrische entdeckt worden. Um 1800 ließ der König rund um die alte Kirche ein landwirtschaftliches Musterdorf anlegen. Heute spaziert man über Kopfsteinpflasterwege durch das unter Denkmalschutz stehende Dorf zum Havelstrand. Oder man legt unter alten Bäumen auf der Terrasse des Gotischen Hauses, der ehemaligen königlichen Schmiede, eine Pause ein. Seit hundert Jahren bewirtet hier eine Gaststätte ihre Gäste.

Auf den Spuren Fontanes

Potsdam - Städtchen Werder

Blick auf das Städtchen Werder

Vom nahen Ketzin geht’s mit der Fähre über die Havel, vorbei am Städtchen Werder, dessen historisches Zentrum auf einer Insel liegt, nach Petzow(4). Theodor Fontane ist auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg auch hier vorbeigekommen. Nachdem er den Turm der kleinen, von Karl Friedrich Schinkel erbauten Kirche auf einer Anhöhe erklommen hatte, notierte er überwältigt: „Das Ganze ein Landschaftsbild im großen Stil – nicht von relativer Schönheit, sondern absolut.“ Der Blick über den hügeligen Park und seinen Weiher, den eine schmale Landzunge vom Schwielowsee trennt, eröffnet auch heute noch ein beeindruckend harmonisches Ensemble einer scheinbar natürlichen Ideallandschaft.

Potsdam - Park in Petzow

Park in Petzow

So schnell will man von diesem Bild nicht lassen, möchte es sozusagen speichern als Bildschirmschoner für die optischen Zumutungen unserer Städte. Da kommt das kleine Café, das ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude des Schlosses bezogen hat, gerade recht. Auf der Terrasse rastend, liegt einem das Gartenreich zu Füßen. Der nahe Moloch Berlin scheint hier Lichtjahre entfernt. Dass der Lenné’sche Park erst 1999 wiederhergestellt werden konnte, darf unter Wende-Erfolge verbucht werden.

Schloss in Petzow

Das Schloss in Petzow

Die Petzower Schinkel-Kirche verweist auf eine weitere Sehenswürdigkeit der Gegend. Das Gebäude ist aus einheimischen Ziegeln errichtet. Im Nachbarort Glindow erinnert ein kleines Museum (5) an das fast ausgestorbene Handwerk der Ziegelproduktion. Nur dank der zahlreichen Denkmalschutz-Projekte – von Bremen bis Danzig - gibt es neuerdings wieder Bedarf an Glindower Ziegeleiwaren, die nach einem über hundert Jahre alten Verfahren gefertigt werden.

Schloss in Caputh

Schloss in Caputh

Wer am Petzower Schloss vorbei zum Fähranleger am Schwielowsee spaziert, kann schon mal rüberwinken zur letzten Etappe auf der Umrundung Potsdams. Auch Caputh, das durch Albert Einsteins Sommerhaus ungleich bekannter geworden ist als durch sein Schloss, liegt gleich an mehreren Seen. Der ab 1662 errichtete, barocke Landsitz (6) ist der einzige erhaltene Schlossbau der Potsdamer Kulturlandschaft, der auch durch seine Innenausstattung die Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg repräsentiert. Erst seit dem Ende der 90er-Jahre ist er der Öffentlichkeit zugänglich.

Natürlich gehört auch zu diesem Schloss ein Park mit Seeblick. Sichtachsen, die zum Markenzeichen der Anlagen von Lenné gehören, verbinden die Räume des Landsitzes mit dem See. Zu dessen Gestaden drängte es schon den berühmten Physiker, der dort sicherlich auch den ein oder anderen guten Gedanken hatte. Angesichts der inspirierend beruhigenden Landschaft wäre es verwunderlich, sollte es heutigen Besuchern anders ergehen – auch wenn es nicht zum Nobelpreis reichen sollte. Der Lenné’sche „Verschönerungsplan“ trägt 170 Jahre nach seiner Entstehung seinen Namen wieder zu recht. Wem das nicht reicht, der muss eben doch noch mal nach Sanssouci.

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