Unterwegs in Norddeutschland: Der Friedhof Osterholz in Bremen



Der mit ca. 80 ha größte Bremer Friedhof ist mittlerweile 100 Jahre alt. Er dient nicht nur weiterhin als letzte Ruhestätte, er bietet auch Raum für Erholung und erfüllt eine wichtige Funktion als Kultur- und Kriegsdenkmal.


Quelkhorner Moor

Unter Anleitung des Gartenarchitekten Paul Freye aus Berlin wurde ab den 1920er Jahren mit der Anlage von Seen, Wasserläufen, Alleen und der Pflanzung von Tausenden von Büschen und Bäumen nicht nur ein normaler Friedhof geschaffen, sondern eine Parklandschaft, die bis heute ein Anziehungspunkt für viele Bremer geworden ist.

Die zentral gelegene Hauptkapelle bildet mit ihren Nebengebäuden das Zentrum der baugeschichtlichen Elemente. Dazu kommen hunderte von Zeugnissen der Grabmal-Bildhauerkunst, die zum Teil im Verlauf des letzten Jahrhunderts aus längst geschlossenen Friedhöfen aus der Stadtmitte hierher gebracht worden sind.

Quelkhorner Moor

Detail des KZ-Opferhügels auf dem Feld "K"


Schließlich ist der Osterholzer Friedhof auch ein würdiger Erinnerungsort an die Schrecken des Krieges und die Tausenden von Kriegstoten, die hier bestattet wurden.

Während des 2. Weltkriegs wurden auf dem Osterholzer Friedhof nicht nur zivile Opfer beigesetzt, auch Zwangsarbeiter, KZ-Opfer und in Gefangenschaft gestorbene ausländische Soldaten fanden hier ihre letzte Ruhestätte. 5 Ehrenanlagen mit über 6000 Toten des 2. Weltkriegs bergen Menschen unterschiedlichster Nationalitäten. Viele der Toten mussten von russischen Kriegsgefangenen hierher transportiert werden, wo sich heute das große Areal von Mercedes erstreckt, standen seit 1941 14 Baracken mit ca. 1000 sowjetischen Kriegsgefangenen.

Die Kriegsgräber und Gedenkstätten liegen im südlichen Teil des Friedhofs, also am besten über den Haupteingang an der Osterholzer Heerstraße zu erreichen. Darunter auf dem Feld “K” ein Massengrab für 1367 KZ-Häftlinge und Menschen aus den hiesigen Arbeitslagern. Auf dem Gräberfeld “NN” gibt es ein großes Gräberfeld für mehr als 1300 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die mehrheitlich aus Osteuropa stammten und zum größten Teil durch Arbeit vernichtet wurden, u.a. im nahen Borgwardwerk und bei den Focke-Wulf-Flugzeugbetrieben.

Insgesamt sind auf 46 Gräberfeldern - darunter auch vier muslimische Gräberfelder - über 110 000 Menschen begraben.

Quelkhorner Moor

Sandsteinrelief "Brüderlichkeit im Tode" von Paul Halbhuber

Mehrere Alleen mit insgesamt acht verschiedenen Bäumen gliedern den Friedhof und locken Spaziergänger an. Eine doppelreihige Lindenallee von fast einam Kilometer Länge bildet dabei das Rückgrat der Anlage. Dazu kommen mehrere Wasserläufe und Wasserflächen, sogar eine kleine Insel. Eine im Jahresverlauf wechselnde, vielfältige Vogelwelt - darunter Habichte und Sperber, Kibitze und Austernfischer und sogar eine Graureiher - gehört ebenso zur Fauna des Friedhofs wie Eichhörnchen und zahlreiche Eulen. Sogar einige scheue Rehe wurden hier schon gesichtet.

Quelkhorner Moor

Ungarische Silberlinden säumen die Hauptallee zur Hauptkapelle

Aus allen vier Himmelsrichtungen kann der Friehof betreten werden, der Haupteingang befindet sich an der Osterholzer Heerstrasse. Über die Hauptallee gelangt man von hier aus direkt zum Bauensemble rund um die Hauptkapelle. Dieser an ein antikes Pantheon erinnernde Kuppelbau mit seinem vorgelagerten Säulenportikus wurde Anfang dieses Jahrhunderts sorgfältig restauriert und ist heute wieder ein würdevoller Ort des Gedenkens und Innehaltens.

An jedem Totensonntag wird die Kapelle zu einem Ort meditativer Erfahrung, wenn hier das alljährliche Gongkonzert stattfindet. Ein neun Sekunden anhaltendes Echo unter der mit 2000 Sternen aus Blattgold verzierten Kuppel mit 15 zum Teil riesigen Gongs lassen ein körperlich fassbares Klangerlebnis entstehen.

Quelkhorner Moor


Informationen

Der Friedhof ist über mehrere Straßenbahn- und Buslinien gut erreichbar (Linien 2, 25, 29, 33/34, 36, 37, 38). Auch PKW-Parkplätze sind vorhanden. Achten Sie bitte auf die wechselnden Schließzeiten in den Abendstunden.

Literatur
2020 erschien in der “Edition Falkenberg” das 276 Seiten umfassende Buch “100 Jahre Friedhof Osterholz. Natur-, Kultur- und Kriegsdenkmal”, ein gelungenes und umfassendes Werk über so ziemlich alle Aspekte des Friedhofs. Im gleichen Verlag ist auch ein Buch über den Friedhof Riensberg erschienen.

Quelkhorner Moor
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Kratt-Eichen
Kratt-Eichen


Kratt-Eichen
Kratt-Eichen


Friedhof Riensberg


Ein weiterer besuchenswerter alter Friedhof in Bremen ist der bereits 1875 eröffnete Friedhof Riensberg im Stadtteil Schwachhausen, auch er als Parkfriedhof angelegt. Einen ersten Eindruck vermittelt unser Video.










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