Wo Goethe bei der Hausarbeit half

Zu Gast bei Lotte in Wetzlar

Text und Fotos: Ulrich Traub

Sie gehört zu Wetzlar wie der Dom zu Köln: die Lotte, genauer: Goethes Lotte. Sie wurde zum Inbegriff romantischen Liebeswerbens, das letztlich erfolglos bleibt. Nicht der junge Praktikant am Wetzlarer Reichskammergericht fand ihre Gunst, sondern ein älterer, schon seit Jahren werbender Konkurrent: eine sichere Partie. Goethe rächte sich auf seine Weise. Er machte Lotte in den „Leiden des jungen Werthers“ unsterblich - und das Städtchen an der Lahn zum Ziel sehnsuchtssuchender Spurenleser.

Wetzlar

Blick auf den Dom in Wetzlar und die Lahnauen

Die Stadt, die die gebürtige Wetzlarerin Charlotte Buff kennen gelernt hat, ist heute noch weitgehend erhalten. Vom grünen Lahnufer aus stapeln sich die alten Häuser die Hänge hinauf, hoch zum nie vollendeten Dom, der in seiner Unfertigkeit alleine schon wie eine Kulisse wirkt, die das Herz des Romantikers anrühren muss. Drumherum schlängeln sich die historischen Kopfsteinpflastergassen der Altstadt, in der die Fachwerkhäuser Spalier stehen.

Fachwerk in Wetzlar

Fachwerk in Wetzlar

Lottes Weg führte fast täglich hier lang. Mit festem Schritt, ihre jüngeren Geschwister an der Hand, spazierte sie zum Einkauf auf den Fischmarkt. An Stelle ihrer früh verstorbenen Mutter musste sie den Haushalt im Deutschordenshof führen, in dem Lotte seit ihrer Geburt lebte und wo ihr im Sommer 1772 ein gewisser Dr. Goethe seine Aufwartung machte. Längst sind Lottes Geburtshaus und der umliegende Gebäudekomplex zu Museen umgewidmet worden.
Das Wetzlar der Lotte-Zeit war ein Ort im Aufbruch. Viele der heute noch das Stadtbild prägenden Bürgerhäuser entstanden in jenen Jahren. Mittlerweile ist das seinerzeit verputzte Fachwerk wieder freigelegt worden. Hier ließen es sich die Familien der Richter und Advokaten am Reichskammergericht wohlergehen. Dieses oberste Gericht im Reich, das seit 1690 seinen Sitz in Wetzlar hatte, bot Goethes Vater den Anlass, seinen Sohn dorthin zu weiterführenden Studien zu schicken. Der Frankfurter Großbürgerssohn trat die mehrmonatige Reise ins provinzielle Lahn-Städtchen jedoch eher missmutig an.

Wetzlar - Lottehaus

Lottehaus

Nach der Bekanntschaft mit der 19 Jahre alten Charlotte, die als charmante und lebenskluge Frau mit sensiblem Wesen beschrieben wird, legte sich das schnell. Häufig spazierte Goethe vom Kornmarkt, wo er wohnte, zum Haus der Familie Buff. Dort half er Lotte bei der Hausarbeit, bei der Erziehung der Geschwister oder lauschte ihren Liedern, zu denen sie sich am Klavier begleitete. Die Juristerei kam eindeutig zu kurz. Doch der Weltliteratur konnte es nur recht sein.
Mit Lotte, ihrem späteren Ehemann Kestner und Freunden zog Goethe am Wochenende aufs Land, um die Zeit in ungezwungener Geselligkeit zu verbringen. Begleitet wurde die Gruppe von dem ebenfalls unglücklich verliebten Sekretär Karl Wilhelm Jerusalem - dem eigentlichen Werther-Vorbild. An ihn erinnert eine kleine Ausstellung in seiner Stube am Schillerplatz. Im Schreibtisch findet sich die Pistole, mit der er seinem Leben noch im selben Jahr ein Ende gesetzt hat.

Viele Stätten dieses so tragisch-schönen Sommers des Jahres 1772 können heute noch aufgesucht und erfahren werden. Ein bisschen Realitätsflucht gefällig? Eine Prise Romantik, ein Hauch Weltschmerz? Wer’s mag, kann an vielen Orten in Wetzlar dem Geist der (Literatur-)Geschichte auf die Fährte kommen. Und so fremd, wie mancher meint, ist uns das Werther-Feeling nun auch wieder nicht. Oder?

Wer Wetzlar besucht, wird aber auch an die Frau erinnert, die zum Anlass eines Textes der Weltliteratur geworden ist. Charlotte Buff, diese für die damalige Zeit so prototypische Frau, hat sich von Goethes Schwärmereien nicht erweichen lassen. Sie folgte ihrem Mann nach Hannover und war bereits Mutter, als der „Werther“ 1774 erschien. Erfreut war sie darüber keineswegs.

Tourist-Information
06441/997750
www.wetzlar.de
Ganzjährig kann man eine Führung zu den Schauplätzen des „Werther“ sowie eine literarische Führung auf Goethes Spuren buchen.

 

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