Mit dem Unimog in den Norden Namibias

 

Ins Landesinnere Namibias

Namibia - Straßenszene

Landstraße im nördlichen Teil Namibias

So gerne ich gesehen hätte, wie sich der Greif auf den Fischbrocken stürzt, aber wir haben nicht länger Zeit und begeben uns wieder „on the road“. Mehrere Hundert Kilometer Asphalt erst bis zur Grenze und dann durch Namibias Landesinnere liegen vor uns. Mit dem Unimog, den sein Besitzer auf dem Fahrersitz neben mir aus verschiedenen Gründen auf nicht viel schneller als 60 Sachen treten möchte, dauert das einige Tage. Auch wenn uns sämtliche PKW und auch die riesigen Kühltrucks, die im ständigen Pendelverkehr zwischen Namibia und Südafrika verkehren, locker überholen, hat das vergleichsweise geringe Tempo unbestreitbare Vorteile, denn mit der "Entdeckung der Langsamkeit" (Stan Nadolny), geht für mich als Beifahrer eine "Entdeckung der Landschaft" einher.

Namibia - Kunsthandwerk am Straßenrand nahe Rundu

Kunsthandwerk am Straßenrand nahe Rundu

Rundu gilt als Region des Kunsthandwerks und so verwundert es nicht, dass sich nach Verlassen der eigentlichen Stadt zahlreiche kunsthandwerkliche Produkte auch am Straßenrand im Angebot finden. Vasen und Krüge aus Ton und die Tiere Afrikas aus Holz geschnitzt, präsentiert auf Decken, in offenen Hütten oder einfach auf dem Boden stehend, sollen vorbei fahrende Autofahrer*innen dazu animieren anzuhalten. Vor uns hält keiner an, wir auch nicht, diesmal also kein Geschäft für die Dorfbewohner*innen.

Namibia - Szene am Straßenrand

Szene am Straßenrand

Stattdessen bin ich wieder erstaunt, wie ein Miteinander von PKW und LKW - immerhin oft mit rund 100 km/h unterwegs - und Schulkindern, anderen Fußgänger*innen und Herdentieren, die die zweispurige Asphaltstraße kreuzen, funktionieren kann, ohne dass es täglich Tote gibt. Passiert doch mal etwas, haben Weiße, wenn sie in einen Unfall verwickelt sind, allerdings das deutlich größere Problem, denn die Herdentiere gehören im Nordteil des Landes in der Regel der schwarzen Bevölkerung, die in Namibia den weitaus größten Bevölkerungsteil stellt und Weiße gelten zunächst einmal als wohlhabend, ausländische ohnehin. Neben unvorhersehbarem Wildwechsel, ist das ein Grund, warum weiße Touristen nach Einbruch der Dunkelheit hier lieber keine längeren Strecken auf den Straßen zurücklegen sollten.

Namibia - Campside

Bevor es dunkel wird, sucht man als Reisende oder Reisender besser z. B. eine Campside auf. In der Regel gibt es Feuerholz gebunden oder im Sack an der Rezeption, die Feuerstelle ist direkt am Platz

Endlos scheint sich die Straße von Rundu nach Grootfontain, der nächsten größeren Stadt auf dieser Strecke, zu ziehen. Rechts von uns und in der Ferne kommen Hügel und Bergketten in Sicht und ganz allmählich kommen wir den Gipfeln höhenmäßig näher. Liegt Rundu bereits auf rund 1080 Metern Höhe, geht es in Otavi hinter Grootfontain bis auf über 1300 Meter hoch, wie ich mir sagen lasse. Die Gräser und abgeernteten Maisfelder links und rechts der Straße sind trocken und verdorrt, selten sieht man Felder mit zartem Grün, dann allerdings aufwändig bewässert.

Namibia - bewässertes Feld

Dank aufwändiger Bewässerung sprießt das Grün

Knapp hundert Kilometer vor Grootfontain kommen wir an den Veterinary Fence. Dieser Zaun, der bereits in den 1960er Jahren begonnen und bis dato mehrfach modifiziert und ausgebaut wurde, zieht sich quer durch Namibia und entlang der Grenze zu Botswana. Zweck dieser künstlichen Grenze ist die Verhinderung der Ausbreitung der gefährlichen Maul- und Klauenseuche im virusfreien Südteil Namibias, deshalb dürfen auch kein rohes Fleisch und keine Milchprodukte in dieser Richtung durch den Posten transportiert werden. Wer bei der Kontrolle erwischt wird, dem lassen die Uniformierten oft die Wahl zwischen Konfiszierung und Verbrennung gleich vor Ort - oder einer außerplanmäßigen Grillpause vor Grenzübertritt.

Namibia - Trockenfleisch

Rindfleischstreifen als Snack für unterwegs sind beliebt und dürften den Veterinary Fence wohl passieren

Nachdem wir den Kontrollposten passiert haben, fallen gleich die parallel zur Straße verlaufenden Drahtzäune auf. Hier beginnt das private Farmland, der - noch - überwiegend weißen Farmer*innen. Keine Rinderherden grasen am Straßenrand und kreuzen unwillkürlich die Fahrbahn und nur sehr wenige Menschen sind zu Fuß am Straßenrand unterwegs.

Namibia - Früchte des Ushivi-Baums

Früchte des Ushivi Baums an einem Rastplatz

Einige Stunden später rollen wir dann endlich in das kleine Städtchen Otavi. Ganz in der Nähe wollen wir einige Tage auf dem Gelände einer Game Ranch verbringen. Der Ort hat fast alles an Geschäften zu bieten, die man zur Versorgung des täglichen Lebens braucht. Und so decken wir uns im gut sortierten Spar-Markt mit Lebensmitteln und im Bottle Store mit Getränken ein, tanken den Unimog auf und machen uns auf die restlichen Kilometer über die staubige Schotterpiste.

"Das Landleben"

Namibia - weiter Blick über Farmland bei Otavi

Weiter Blick über Farmland bei Otavi

Die Farmen in Namibia sind normalerweise etwa 6.000 bis 30.000 Hektar groß, in Einzelfällen im Süden des Landes auch noch größer. Das hört sich nicht nur gewaltig groß an, sondern ist es auch, relativiert sich allerdings mitunter, wenn man mal offenen Sinnes auf solch einer Farm unterwegs war. Wir sind wenige Tage später zum Kaffee bei einem Farmerehepaar hinter dem nächsten Hügel eingeladen. Mein Reisebegleiter ist mit den beiden und auch anderen Farmern der Gegend gut bekannt, da er häufiger hier unterwegs ist und prophezeit mir einen interessanten Nachmittag bei netten Menschen. Ich werde als Fremder in der Tat herzlich aufgenommen und als nach dem ausgezeichneten selbstgebackenen Kuchen die Frage nach einer kleinen Farmrundfahrt über dem Kaffeetisch steht, nehme ich gerne an.

Namibia - stacheliges Buschwerk

Stacheliges Buschwerk

Wir sitzen auf einem Querbrett über der Ladefläche des Bucky, wie sie hier die Pickups nennen, und nach einem kurzen Stück auf der Hauptpiste biegen wir durch eines der zahlreichen Tore auf einen der holperigen Feldwege der Farm ein. Zunächst ist der dornige Busch zu beiden Seiten des Weges so dicht, dass man ihn ohne völlig zerkratzt zu werden kaum durchdringen kann, dann lichtet sich der Bewuchs und unser Gastgeber stoppt seinen Toyota Hilux älteren Baujahres. Ohne erheblichen maschinellen und finanziellen Aufwand hätte er diesen Teil der Farm nicht entbuschen und damit für seine Rinder nutzbar machen können, erzählt er uns, und dass überhaupt das wuchernde und widerspenstige Buschwerk eines der größten Probleme der Farmer*innen hier sei. Da der Flächenbedarf für die Ernährung eines Rindes hier wesentlich größer ist, als zum Beispiel in Deutschland, bestimmt die tatsächlich nutzbare Fläche die Größe der Herde. Später machen wir uns nach einem leckeren Abendessen wieder auf den Heimweg durch die Finsternis und Stille auf die Game Ranch.

Namibia - Termitenhügel

Blick in einen aufgebrochenen Termitenhügel

Auf einer Game Ranch liegt der geschäftliche Schwerpunkt etwas anders. Hier sind vor allem die frei auf dem Gelände lebenden Tiere Afrikas wie Antilopen, Giraffen, Gnus, Warzenschweine, Strauße und Zebras das Pfund, mit dem geworben wird. Ein Urlaub hier hat ein bisschen was von Ferien auf dem Bauernhof auf afrikanisch mit angeschlossener Safari - allerdings nur für Leute mit dem nötigen Kleingeld in der Tasche.

Namibia - Impala

Impala

Da auch diese Farmen meistens im zweistelligen Kilometerbereich von der nächsten Hauptstraße, dem nächsten Ort oder dem Farmhaus der Nachbarfarm entfernt liegen, ist ein Urlaub hier in besonderer Weise mit einem engen Kontakt zu der Farmersfamilie verbunden. Ein besonderes Highlight sind die Game Drives im offenen Wagen zur Tierbeobachtung über die Feldwege der weitläufigen Gelände. An den künstlich geschaffenen Wasserstellen sind die Chancen besonders groß verschiedene Tiere in größerer Zahl zu Gesicht zu bekommen.

Namibia - Strauß an einer Wasserstelle

Strauß an einer Wasserstelle

Ich bin öfter alleine und zu Fuß auf den trockenen Wegen unterwegs, um mich den Tieren und der Natur zu nähern. Zwar sind unseres Wissen gerade keine Löwen in diesem Teil der Gegend gesichtet worden, dennoch ist Wachsamkeit angesagt, zumal eine Konfrontation mit einem der zahlreich herumstreunenden und in Bedrohungssituationen ziemlich agressiv reagierenden Paviane ebenfalls keinesfalls empfehlenswert ist und mit Schlangen ohnehin nicht. Das Mobiltelefon zeigt angesichts der sehr hügeligen Landschaft leider nicht auf allen Wegen ausreichende Empfangsstärke an, soll aber für den Notfall wenigstens eine kleine Sicherheit sein.

Namibia - Gnu an einer Wasserstelle

Gnu an einer Wasserstelle

Trotz meines Wissen, dass ich nahezu chancenlos bin, mich den Tieren unbemerkt bis auf eine geringe Distanz zu nähern, versuche ich es immer wieder, aber abgesehen von wenigen Ausnahmen, werde ich schon aus der Entfernung begafft, bevor ich sie überhaupt wahrnehme. Ohne meine „verlängerten Augen“ - Fernglas und Kamera - geht hier manchmal gar nichts. Aber auch wenn ich unter ständiger Beobachtung stehe, habe ich in den Tagen wunderbare Begegnungen mit Giraffen, Gnus und Zebras, die zwar immer rund 100 Meter Abstand halten, aber nicht in wilder Flucht davon jagen. Fasziniert bin ich vor allem von der direkten Begegnung ohne einen Zaun dazwischen. Minutenlang stehen wir uns mit Respekt gegenüber, keine Zivilisationsgeräusche oder andere Menschen stören die laute Stille der Natur, kein Telefon klingelt und nichts treibt mich zur Eile, außer der einbrechenden Dunkelheit.

Namibia - Begegnung mit Giraffen auf freiem Feld

Neugier auf beiden Seiten: Giraffen

Ich habe allerdings bislang immer noch keinen Elefanten gesehen. „Du kannst Afrika nicht verlassen, ohne dass du einen Elefanten gesehen hast, das geht nicht“, meint denn auch mein Reisebegleiter und wirft einen Blick auf die Landkarte. Wir wollen also nun doch noch für zwei Tage in den Etosha Nationalpark, wo die Chancen auf Elefanten zu treffen ziemlich hoch sind. Also begeben wir uns wieder auf eine 500 Kilometer lange Tour mit dem Unimog und die können Sie hier nachlesen.

Namibia - Begegnung mit Zebras auf freiem Feld

Begegnung mit Zebras auf freiem Feld

Windhoek am Ende der Reise

Bald nach unserem Trip in die Etosha gehen die Wochen unserer Reise in Namibia zu Ende und der Asphalt wird abermals für einen Tag ein gewohnter Anblick. Wir müssen wieder zum Flughafen von Windhoek, aber ich möchte vorher einmal in die Stadt, von der ich nur einen flüchtigen Eindruck bekommen hatte, als ich kurz nach der Landung zur Haltestelle der Intercape-Busse chauffiert wurde.

Namibia - Fussgängerzone in Windhoek

Fußgängerzone in Windhoek

Anders als in den deutlich kleineren Städten in denen wir auf unseren Fahrten Halt gemacht haben oder durch die wir auch nur hindurch gefahren sind, wie Rundu, Grootfontain, Zumeb und Otjiwarongo, wirkt das Treiben in der Hauptstadt weitaus hektischer und aufgrund des Autoverkehrs auch deutlich lauter. Das verwundert kaum, denn die Stadt ist auch wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes und hat rund 400.000 Einwohner*innen. Während bislang flache Bauten das Bild der Orte dominierten und für kleinstädtisches Flair gesorgt hat, hat man in Windhoek schon vor längerer Zeit begonnen auch in die Höhe zu bauen, da in der Senke, in der die Stadt liegt, die Fläche für Neubauten rapide abnahm. In den zahlreichen überdachten Einkaufszentren in der City und der Fußgängerzone herrscht reges Treiben und das Warenangebot in den Geschäften lässt kaum Wünsche offen.

Namibia - Zoopark in Windhoek

Zoo Park

Wir beschränken uns auf eine Bummeltour, schauen uns nicht die Sehenswürdigkeiten wie Christuskirche, Reiterdenkmal und Tintenpalast an, sondern trinken etwas in einem Café mit Blick auf die Fußgängerzone, in der fliegende Händler ihr Angebot an afrikanischem Kunsthandwerk feilbieten, und schlendern weiter bis zum Zoo Park. Dann ist es für uns auch schon Zeit zu fahren, denn in wenigen Stunden starten unsere rund 10 Stunden dauernden Flüge.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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