Zwischen Hohen Bergen, wilden Tälern und Haubenköchen

Osttiroler Impressionen zur Sommerzeit

Text und Fotos: Axel Scheibe

Der Felbertauerntunnel liegt hinter uns. Nach dem allmählichen Anstieg geht es nun wieder abwärts. Das aber nur in geografischer Sicht. Ansonsten kann man das wohl kaum behaupten, wenn ein Urlaub in Osttirol vor der Tür steht. Unten im Tal grüßt bereits Matrei, einer der Hauptorte der Region, in dem sich im Winter die Skifahrer „drängeln“. Doch auch im Sommer ist Osttirol wahrlich kein Geheimtipp mehr. Das bisschen „Mehr“ an Kilometern, die man braucht, um in den östlichen Teil Tirols zu kommen, nehmen wir gern in Kauf. Es lohnt sich. Das haben frühere Winterbesuche gezeigt.

Osttirol - Rafting auf der Isel bei Matrei

Rafting auf der Isel bei Matrei

Am Fuße des Großglockners

 Kals (1) am Fuße des Großglockners ist ein guter Ort für alle, die Ruhe und Beschaulichkeit am Puls der Natur suchen. Was will man mehr, um sich vom Alltagsstress zu erholen? Da gibt in den nächsten Tagen manches. Dass dabei die Natur nicht nur einmal die Hauptrolle übernehmen wird, versteht sich von selbst.

Osttirol - Blick auf das Dörfchen Kals am Fuße des Großglockners

Blick auf das Dörfchen Kals am Fuße des Großglockners

Nationalparkranger Hermann Mauthner beweist das gern. Vom Lucknerhaus geht es allmählich höher. Einen besseren Blick auf den Großglockner gibt es nicht, erklärt er. Leider hat sich der Berg mit einer Wolkenkappe verhüllt. Da hilft auch das beeindruckende Spektiv nicht weiter, das Hermann mitgebracht hat. Aber bald zeigt sich, dass er sich mit dem schweren Gerät nicht umsonst abschleppt. Sein geübtes Auge erkennt oben an der Felskante Gemsen. Da wird sein Spektiv im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Fern-Seher. Format füllend holt es die grazilen Tiere auf ihrem Weg an der Felswand heran. Während die Wanderung weiter durch den Nationalpark führt und Hermann noch manch Wissenswertes über Fauna und Flora „seines“ Reichs zu berichten weiß, fällt ihm auf, dass er selbst zum Beobachtungsobjekt geworden ist. Hoch über dem Tal zieht ein Steinadler seine Kreise.

Osttirol - Adlerlounge

Adlerlounge

Apropos Steinadler – dem kann man deutlich näher kommen, wenn man den Aufstieg zur Adlerlounge nicht scheut. Natürlich gibt es auch eine Seilbahn, denn das Klettern bis hinauf auf über 2600 m ist nicht jedermanns Sache. Im Winter tummeln sich hier tausende Alpin-Freaks. Jetzt ist es ruhiger. Ab und an trifft man auf Wanderer. Von einem Massenansturm kann wahrlich nicht die Rede sein. Vielleicht liegt das auch an der tiefen Wolkendecke. Hauptgrund ist aber wohl die Jahreszeit ohne Schnee. Die angepriesene 360 Grad Rundumsicht auf über 60 Dreitausender kann man da nicht genießen, dafür aber in der Lounge die Küche von Walter Hartweger, der stolz auf die höchste „Haube“ Österreichs verweisen kann.

Osttirol - Mit E-Bikes von St. Jakob im Deferregental hinauf zu den Jagdhausalmen

Mit E-Bikes von St. Jakob im Deferregental hinauf zu den Jagdhausalmen

Zu den Seitentälern mit dem größten Charme gehört zweifellos das Defereggental. Vom Hauptort St. Jakob (2) kann man mit E-Bikes starten. Die Tour führt abseits der Straße durch den größten Zirbenwald Österreichs zu den Jagdhausalmen, wo eine kräftige Jause wartet. Die Landschaft links und rechts des Weges schwankt zwischen lieblich und rau. Lieblich erscheint der recht steile Fahrweg nicht. Ob man das ohne die Unterstützung der E-Bikes geschafft hätte? Als „Normal-Radler“ wohl kaum. Trotzdem schmeckt die Jause gut, denn ganz ohne eigene Muskelkraft hätte man es auch auf dem E-Bike nicht bis hierher gebracht.

Osttirol - Adolf Berger in seinem Bauernmuseum. Hier mit einer Mausefalle aus vergangenen Zeiten

Adolf Berger in seinem Bauernmuseum. Hier mit einer Mausefalle aus vergangenen Zeiten

Unterwegs ins nächste Seitental Richtung Prägraten (3) gibt es die Gelegenheit, Rafter auf dem kleinen, recht munteren Flüsschen zu beobachten. Am Talende bringt eine Kutsche müde Wanderer an die Umbalfälle (4). Wer gut informiert ist, gönnt sich den Abstecher zu Adolf Berger. In rund 1600 m betreibt er nicht nur einen der höchstgelegenen ganzjährig bewirtschafteten Bauernhöfe Tirols, den Oberbichler, sondern auch eine edle Brennerei und ein Bauernmuseum. Dort gibt viel zu entdeckten und zu erfahren über das harte Leben der Altvorderen im Gebirge.

Von Lienz entlang der Drau

Osttirol - Lienz

In der Innenstadt von Lienz

Für Teil 2 des Urlaubs lohnt sicher der Umzug in Richtung Süden. Nicht nach Italien, es bleibt bei Osttirol. Aber ein Stück von italienischem Flair hat Lienz (5), der Verwaltungssitz der Region, schon in petto. Das Klima ist es, das in der Sonnenstadt am Zusammenfluss von Isel und Drau die besten Voraussetzungen dafür schafft. Geschützt von umliegenden Gebirgszügen präsentiert es sich mediterran. Einen Espresso in einem der Cafes am Markt oder auch einer kleiner Shoppingbummel, warum nicht? Ein neues Familienerlebnis erwartet die Besucher dann am Lienzer Schlossberg. Mit der Bergbahn geht es hinauf zur Moosalm. Streichelzoo und Abenteuerspielplatz komplettieren das kulinarische Angebot. Dann startet der „Osttirodler“. Mit 2,7 km Länge ist er einer der spektakulärsten Alpin Coaster der Welt. Und noch dazu extrem sicher. Verspricht der Prospekt. Ein Selbstversuch bestätigt das.

Osttirol - An der historischen Lodenstampf im Arntal Innervillgraten

An der historischen Lodenstampf im Arntal Innervillgraten

Wer auch weiterhin etwas Ruhe und Erholung fernab von Verkehrslärm sucht, wird sicher in einem der Seitentäler des Pustertals fündig. Vielleicht in Innervillgraten (6). Einem Tal, wo sich eigentlich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Hier leben alle mit und von der Natur. Traditionen stehen hoch im Kurs. Auch im Gannerhof, einer Gastwirtschaft mit Geschichte. In einer seiner alten, rustikalen Bauernstuben könnte man das Abschlussdinner „zelebrieren“. Man mag es kaum glauben, doch in diesem historischen Ambiente steht mit Chefkoch Joseph Mühlmann ein 2-Hauben-Koch am Herd. Was da auf der Karte steht, verspricht hohe Küchenkunst und schließt trotzdem gekonnt das ein, was typisch ist für die Region: z. B. Villgrater Schlipfkrapfen mit Käsebolla, brauner Butter und Schnittlauch oder Geschmortes und Rosa Rücken vom Milchlamm mit gebackene Polentarolade und Dörrzwetschken. Klar, für zwei Hauben muss sich auch die Speisekarte nach etwas anhören. Nicht nur auf dem Teller soll das Besondere wirken, dort aber garantiert. Für Joseph Mühlmann kommt es darauf an, dass alles frisch ist und regional. So hat das Lamm seine besten Tage auf den saftigen Almen Innervillgratens verbracht, wächst manches Kräutlein im Gasthof-Garten, kommt das Brot aus dem eigenen Ofen und stammen auch Milch und Käse von heimischen Bauern.

Osttirol - Chefkoch Josef Mühlmann im Gannerhof in Innervillgraten kann sogar auf zwei Hauben verweisen

Chefkoch Josef Mühlmann im Gannerhof in Innervillgraten kann sogar auf zwei Hauben verweisen

Darüber hinaus gibt es aber im Pustertal noch einiges zu entdecken. Vieles davon so richtig perfekt für die ganze Familie. So zum Beispiel die Galitzenklamm (7) inklusive Wasserschaupfad in einer wildromantischen Schlucht mit abenteuerlicher Klettersteig, der durchaus auch Anfänger anspricht. Schwindelfrei sollte man dafür sein und festes Schuhwerk ist ein Muss. So auch der Helm, den alle tragen müssen. Auch die, die sich für die “zahmere“ Variante entschieden haben und die Schlucht auf Wegen und Stiegen bezwingen. Die einzige Steinkugelmühle Österreichs liefert ein überzeugendes Bild vor der Kraft des feuchten Elements. Nebenan sucht das Wasser tosend seinen Weg durch die Klamm in Richtung Drau.

Osttirol - Klettersteig für Profis und solche, die es werden wollen, Wanderweg für alle: Galitzenklamm mit Wasserschaulehrpfad

Klettersteig für Profis und solche, die es werden wollen, Wanderweg für alle: Galitzenklamm mit Wasserschaulehrpfad

Ruhiger und weniger anstrengend fällt der Abstecher ins „Vitalpinum“ (8) aus. Das Museum mit Schaubrennerei und Lehrbienenstock lebt von der Blumen- und Kräuterpracht seines 5000 m2 großen Gartens. Direkt neben der Ersten Tiroler Latschenölbrennerei nimmt natürlich auch die Firmengeschichte der Familie Unterweger ihren Platz ein. Die weitflächig angebauten Kräuterpflanzen sorgen für Luft „zum Schnuppern“.

Osttirol - Kutschenmuseum in Obertilliach

Kutschenmuseum in Obertilliach

Zu den am besten erhaltenen historischen Dorfkernen in Osttirol gehört zweifellos der in Obertilliach (9). Dort wo Ole-Einar Björndalen gern seine Trainingsrunden dreht präsentieren sich im Sommer statt gleißendem Weiß saftig grüne Almwiesen. Den Häusern im Ortszentrum sieht man ihr stattliches Alter an. Mächtige Holzbalken tragen die Dächer, auf denen Holzschindeln für den Regenschutz sorgen. Manches Detail gibt es zu entdecken. Das Kutschenmuseum sollte man sich ebenso wenig entgehen lassen wie eine Fahrt mit dem Sessellift auf den Obertilliacher Hausberg, auf die Conny-Alm.

Osttirol - Aigner Badl – Erholung pur im Wasser der Calcium-Sulfat-Mineralquelle

Aigner Badl – Erholung pur im Wasser der Calcium-Sulfat-Mineralquelle

Zurück im Pustertal gibt es einen Badestopp. Nicht in einem Freibad oder am Fluss, nein. Badelustige landen in den großen Lärchenholzwannen des „Aigner Badl“ bei Abfaltersbach (10). Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude ist ein historisches Bauernbad aus dem 18. Jahrhundert. Das letzte seiner Art in Osttirol. Das Calcium-Sulfat-Mineralheilwasser ist Balsam für Leib und Seele. Obwohl, das ist nicht zu vermeiden, der Sulfatanteil sorgt für schweflige Düfte. Doch keine Bange, der Teufel kommt nicht zum Rückenschruppen vorbei.

Reiseinformationen zu Osttirol

Informationen

Osttirol Werbung
Albin-Egger-Straße 17
A-9900 Lienz
Tel.: 0043/50/212212
E-Mail: info@osttirol.com
www.osttirol.com

Übernachtung

Hotel Glocknerblick Kals
Elisabeth & Konrad Rogl
Arnig 7
A-9981 Kals am Großglockner
Tel.: 0043/4876/221 83
www.glocknerblick-kals.at
Freundliches, komfortables familiengeführtes Hotel mit viel Holz und guter Küche. Sehr faire Preise (inkl. Glocknerblick).

Gannerhof
Familie Mühlmann
A-9932 Innervillgraten 93
Tel. 0043/4843/5240
www.gannerhof.at
Traditionshaus mit Komfort und Haubenküche.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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Kurzportrait Österreich

Immer ein Jodeln auf den Lippen, die stämmigen Waden in kniekurzen Lederhosen zur Schau gestellt, forschen Schrittes die Alm überquerend - so ähnlich stellt man sich jenseits der Alpen die Österreicher oft vor. Man findet solche Klischees natürlich auch in der Wirklichkeit, aber nicht alle auf einen Haufen und vielerorts aus Marketinggründen gehegt und gepflegt. Genauso wenig wie alle Bewohner der Nordseeküste pfeifenrauchende Seebären sind, sind alle Österreicher trachtentragende Bergfexe. In Österreich ist die Zeit nicht stehen geblieben, das Land ist ein moderner Kleinstaat, seit der Öffnung des Ostens wieder ins Herz Europas gerückt.

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Flachlandtiroler seien gewarnt, denn wellige Kuppen mit lang gezogenen Anstiegen erfordern ein gewisses Stehvermögen. Salzburg mit der Hohensalzburg ist Ausgangs- und Endpunkt der Tour – und das Weltkulturerbe sollte man nicht nur bei einem nachmittäglichen Bummel durch die Gassen des „bürgerlichen“ und des „geistlichen Salzburg“ genießen.

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Auf den Spuren Friedensreich Hundertwassers zwischen Wien und Graz

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Reiseführer Linz

Italienische Baumeister waren es, die im 17. und 18. Jahrhundert die zahlreichen Kirchen der Stadt Linz entwarfen, darunter auch Pietro Francesco Carlone, dem der Alte Dom zu verdanken ist. Hier war der Komponist Anton Bruckner mehr als ein Jahrzehnt lang als Domorganist tätig. Diesem berühmten Sohn der Stadt war ursprünglich das alljährlich im September/Oktober stattfindende Brucknerfest gewidmet, das sich unterdessen nicht mehr ausschließlich dem Erbe Bruckners verschrieben hat.

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