REIHE UNTERWEGS

Reise zum Safran

Die Wachau im Herbst

Text und Fotos: Ulrich Traub

Die Farbpalette der Wachau ist vielfältig. Mit der Farbe Gelb verbindet man zunächst natürlich die berühmte Marille und dann vielleicht auch eine bestimmte Tönung des Weinlaubs oder das fahle Licht der Laternen, das die cremigen Fassaden in Szene setzt. Seit Neuestem kann man bei Gelb nun an den Safran denken, der in dieser klimatisch begünstigten Genießerregion an der Donau seit ein paar Jahren erfolgreich rekultiviert wird.

Wachau - Dürnstein

Dürnstein

Macht man sich im romantischen Örtchen Dürnstein (1), dessen hellblauer Kirchturm über dem in vielen Blautönen schimmernden Fluss wie das Symbol der Wachau aufragt, auf den Welterbesteig, um die von der Unesco als Kulturerbe anerkannte Landschaft wandernd zu entdecken, steht man schon nach wenigen Schritten vor dem Schaubeet von Bernhard Kaar. Der engagierte Botaniker und Ökologe, der seinen Job im Landwirtschaftsministerium hingeworfen hat, um sich dem Safran zu widmen, hat damit eine vor über hundert Jahren in der Wachau unterbrochene Tradition wieder aufgenommen.

Wachau - Kirchturm in Dürnstein

„Von der Mitte des 13. bis weit ins 19. Jahrhundert wurde hier Safran angepflanzt“, erklärt Kaar. Er galt als der beste in Europa, sei dann aber in Vergessenheit geraten. „Beim Anbau orientieren wir uns an historischen Studien und verzichten etwa auf künstliche Bewässerung“, so der Botaniker, der im benachbarten Stift Melk auf Schriften über den Safran gestoßen ist. Mittlerweile produziert er weltweit den einzigen biologisch-dynamisch zertifizierten Safran.

Mit seiner Partnerin betreibt Kaar auch die Wachauer Safran Manufaktur in Unterloiben (2) bei Dürnstein. Hier findet die Trockung der Safranfäden statt, von der die Qualität abhängt und deren Prozedere selbstverständlich nicht verraten wird. Aber die Ergebnisse der intensiven Arbeit - Essig, Honig und Salz mit Safran oder Süßigkeiten wie die köstliche Safran-Rotweinschokolade - können verkostet und erworben werden. Auch Geschmacksschulungen führt der Ökologe durch.

„Vergleichen Sie unseren Safran mit dem aus Kreta, dem Iran oder den leider häufigen Fälschungen, schmecken Sie gleich den Unterschied.“ Das gilt selbst für wenig geübte Gaumen. Auf diese Weise auf den Geschmack gekommen, gerät man ins Grübeln, ob man nicht eines der Starterpakete für den Eigenanbau des Safrankrokusses, die die Manufaktur zum Kauf bereithält, mit nach Hause nimmt. „Ein Beet ohne Staunässe und viele Sonnenstunden sollten aber gegeben sein“, rät der Experte.

Wachau - Safranproben

Safranproben

Im Oktober und November verbringt Bernhard Kaar die meiste Zeit auf seinen Beeten, dann ist Erntezeit. Er pachtet kleine Parzellen, auf denen wegen der steilen Lagen der Weinbau eingestellt worden ist. „Wo Wein wächst, gedeiht auch der Safrankrokus.“ Die Ernte wird mit großer Akribie von Hand ausgeführt. Vorsichtig löst Kaar die drei orange-roten und bis zu fünf Zentimeter langen Fäden aus der Blüte, den Rohstoff für das teuerste Gewürz der Welt.

Nachhaltigkeit sei ihm wichtig, nicht ein Exotenstatus, betont der Safranexperte. Und so knüpft er ein immer engmaschigeres Netzwerk in der Region. Er arbeitet mit einer Schokoladenmanufaktur in Krems zusammen, eine regionale Brauerei braut Safran-Bier und die Dürnsteiner Bäckerei ist auf den Safran-Guglhupf spezialisiert. Vielleicht hat ja Richard Löwenherz, der auf der Festung Dürnstein, deren Ruinen malerisch am Hang oberhalb des Ortes kleben, im Kerker schmorte, den Safran von einem Kreuzzug mit an die Donau gebracht. Wer weiß. Sicher ist, dass es für Feinschmecker nun einen Grund mehr gibt, die Wachau zu besuchen.

Wachau - Krokusse

Krokusse

Den Ideen der Slow Food-Bewegung, die für das traditionelle Lebensmittelhandwerk und die Bewahrung regionaler Geschmacksvielfalt eintritt und generell Ent- statt Beschleunigung propagiert, steht Bernhard Kaar nahe. Die Herbstwanderung auf dem Welterbesteig verträgt sich gut mit dieser Philosophie. 14 Etappen führen in jeden Winkel der vom Wein geprägten Region. Städtchen wie Spitz (3) und Weißenkirchen (4) mit ihren Ortskernen aus Renaissance und Barock, die alten Lesehöfe, wo früher im Auftrag der Klöster Wein gekeltert wurde und heute einige der besten Restaurants ihr stilvolles Domizil haben, sowie die vielen Heurigenlokale liefern überzeugende Argumente für genussvolle und regionaltypische Pausen. Keine Frage, bald wird auch der Safran auf den Speisenkarten eine tragende Rolle übernehmen.

In Herbstfarben getauchte Weinlagen, die harmonische Hügel- und Terrassenlandschaft, vom Licht verwöhnte Panoramawege und stille Waldpfade und mittendrin die gemächlich Richtung Wien strömende Donau, die sich darüber zu freuen scheint, dass sie hier noch in ihrem natürlichen Bett fließen kann: Kaum eine Region macht Entspannung so leicht wie die Wachau. Darauf stößt man gerne mit den Federspiel genannten, fruchtigen und zugleich mineralischen Weißweinen an.

Wachau - Blick über Weinberg auf Weißenkirchen

Blick über Weinberg auf Weißenkirchen

Aber auch kulturell bietet dieser klimatisch begünstigte Landstrich einiges. Aufgrund seiner Fruchtbarkeit ließen sich hier schon in der Steinzeit erste Siedler nieder. Eine knubbelige, nur wenige Zentimeter große Dame, die circa 20.000 Jahre auf dem Buckel hat, ist ein Relikt aus jener Zeit. Nach ihrem Fundort wurde sie Venus von Willendorf (5) (bei Spitz) genannt. Hier erinnert heute ein Museum an das Pummelchen, das von unseren Schönheitsidealen Lichtjahre entfernt ist.

Wachau - Stift Melk

Stift Melk

Majestätisch bewacht wird das Tal der Wachau von den berühmten Stiften Melk (6) und Göttweig (7), dem „österreichischen Montecassino“, mit ihren barocken Kirchbauten. Weniger bekannt ist dagegen der Doppelort Krems-Stein (8), der sich zur Kulturmetropole gemausert hat. Auf der so genannten Kunstmeile reihen sich die Kunsthalle, das Karikaturenmuseum, das von zwei lebensgroßen Figuren von Manfred Deix, dieses Meisters fürs Derbe, flankiert wird, das Literaturhaus und weitere Einrichtungen aneinander. Kultur fungiert hier als räumliches Bindeglied zwischen den beiden Altstädten, die ebenfalls zum Unesco-Erbe zählen. Dass auch hier Weinlokale und gute Küche zu finden sind, muss eigentlich nicht besonders betont werden.

 

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