Buchtipps
Duisburg: Kunst im öffentlichen Raum
Duisburg das ist nicht nur der Landschaftspark Duisburg-Nord, wo das industrielle Erbe der größten Binnenhafenstadt Europas bewahrt wird, sondern auch das LehmbruckMuseum mit seiner exquisiten Sammlung von Bildhauerkunst. Kunst im öffentlichen Raum findet man im Bürgerpark rund um das oben genannte Museum, aber auch auf der Brunnenmeile Königstraße. Die vorliegende Veröffentlichung entführt den Besucher der Stadt in eine Welt jenseits von Rheinhausen und der Katastrophe der letzten Love Parade, die Duisburg national und international bekannt gemacht hat, allerdings auf tragische Weise. Dass die Stadt zwischen Binnenhafen und Stahlindustrie auch einen Sinn für die schönen Künste hat, erfahren Besucher des LehmbruckMuseums, das im Wesentlichen an die einmaligen Werke von Wilhelm Lehmbruck erinnert. Im Bürgerpark und im Innenhof des Museums finden wir hochwertige Kunstwerke, ob von Kenneth Armitage oder Henry Moore. All diese Kunstwerke werden in prägnanten Kurztexten in der vorliegenden Veröffentlichung vorgestellt. Eine Besonderheit in der Gestaltung innerstädtischen Raums ist auch Duisburgs Brunnenmeile, an deren Gestaltung Niki de Saint Phalle wie auch andere namhafte Künstler beteiligt waren. Der Garten der Erinnerung – dieser wird von Christoph Brockhaus in einem eigenen Kapitel behandelt – befindet sich unweit des alten Hafens und ist eine Inszenierung städtischen Raums durch den israelischen Künstler Dani Karavan, der auch im Bürgerpark am LehmbruckMuseum mit einer Arbeit präsent ist. Schließlich macht auch Gottlieb Leinz mit seinen Ausführungen zu Skulpturen im Stadtraum Lust, Duisburg und die Kunst zu entdecken.. Na dann … © fdp
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum (Hrsg.): Stadtkunstführer Skulpturen im Duisburger Stadtraum; Selbstverlag Duisburg 2012; 196 Seiten; ISBN: 978-3-3-89279-682-4
Public Art Ruhr
Was verbindet Bottrop, Duisburg, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Herne, Dortmund, Bochum und Essen miteinander? Ja, alle diese Städte liegen im Ruhrgebiet. Doch es verbindet sie auch die Kunst im öffentlichen Raum, die im vorliegenden "Reiseführer" vorgestellt wird. Doch ein klassischer Reiseführer liegt mit der aktuellen Veröffentlichung nicht vor. Zu unhandlich ist das Format, als dass man sich mit dem Buch auf die Spurensuche begeben könnte. Doch Appetit macht das Buch schon. Von Robert Adams bis Günther Zins reicht die Namensliste der Künstler, die mit ihren Arbeiten vorgestellt werden. Hans Arp mit seiner organisch-abstrakten Kunst ist Teil des Skulpturenmuseums Glaskasten in Marl. Vor dem Saalbau in Witten stehen Stahlstelen und rot gefärbte "Bandauslagerungen" aus Beton, die sich Gerlinde Beck ausgedacht hat. Einen Bunker auf dem Gelände des Cranger Kirmes hat Helmut Bettenhausen mit einem Eisenkreuz und einem Eisenhalbmond versehen, Hinweis auf die Migration, die das Ruhrgebiet damals wie heute prägt; damals, als die Polen kamen, dann als Türken und Kurden für Stahlproduktion und Kohleförderung gebraucht wurden. Max Bill, ein Schüler des Bauhauses, schuf seine "Unendliche Schleife", die nunmehr eine Grünanlage in der Hohenzollernstraße in Essen ergänzt. Schwergewichtig ist die "Gespaltene Erde", die vor dem Hammer Oberlandesgericht steht und ein Werk von Paul Dierkes ist. Wo, so fragt sich der Betrachter der von Bogomir Ecker gestalteten Arbeit "Reemrenreh (kaum Gesang)", ist bloß der Sockel? Wahrscheinlich unter der Wasseroberfläche, bespielt die turmähnliche Skulptur doch die Schleuse Herne. Auf dem Alten Marler Friedhof werden Besucher mit vier Gerüsten mit Fallbeilen konfrontiert – eine Idee des Autodidakten Ian Hamilton Finlay. Eine weithin sichtbare Landmarke markiert den Zusammenfluss von Ruhr und Rhein. Bei Hochwasser versinkt sie scheinbar in den Fluten der Flüsse, doch sonst strahlt sie in grellem Orange – dank sei Lutz Fritsch. Dass auch ein Kugelgasbehälter künstlerisch veredelt werden kann, zeigt uns Rolf Glasmeier, während Friedrich Gänsel mit seiner Edelstahlskulptur "Hannover Tor" an die geschlossene Zeche Hannover (Bochum) erinnert, doch nicht in Bochum, sondern auf dem Essener Moltkeplatz. Hajek und Haring findet man mit ihrer Kunst im Ruhrgebiet, dazu noch Donald Judd vor dem Josef-Albers-Museum in Bottrop. Architektur-Torsi vereinte Dani Karavan am alten Duisburger Hafen zu einer Archiskulptur im Grünen. Nachts funkelt in Neonblau die Fibonacci-Reihe vom Turm der alten Lindenbrauerei in Unna, Nachlass des Arte-Povera-Künstlers Mario Maerz. Ein Riese namens Herkules thront oben auf dem alten Förderturm der Zeche Nordstern und schaut hinab auf das ehemalige Gartenschaugelände. Was er, den Markus Lüpertz konzipierte, wohl sieht? Was von Weiten wie eine tiefblaue Stele erscheint und in Hagen vor dem Sparkassen-Karree steht, ist, wie man beim Nähertreten feststellen kann, eine von Heinz Mack entworfene Brunnenanlage. Der Überblick über die Kunst im öffentlichen Raum links und rechts der Ruhr ist in der vorliegenden Publikation gelungen. Nun darf man gespannt sein, ob es eine Fortsetzung geben wird, bei der einzelne Skulpturenparks wie der Kant-Park in Duisburg oder die Parkanlage Haus Weitmar in Bochum mit allen dort vorhandenen Skulpturen vorgestellt werden. © fdp
Public Art Ruhr - Die Metropole Ruhr und die Kunst im öffentlichen Raum, Hg. Walter Smerling und Ferdinand Ullrich i. A. der RuhrKunstMuseen, 232 Seiten mit 102 farbigen Abb., Köln 2013, ISBN 978-3-86832-134-0, Preis: EUR 29,80 (SFr 38,90)
Architekturführer Ruhrgebiet, 300 S. m. 311 farb- u. sw-Abb., ISBN 978-3-496-01293-1, Berlin 2010, Preis: 24,90 €
Von Bochum bis nach Mühlheim, von Moers bis nach Witten – mit dem vorliegenden Architekturführer, der anlässlich des Kulturhauptstadtjahrs Ruhr 2010 erschien, kann man entdecken, was das Ruhrgebiet an interessanter Architektur zu bieten hat, auch jenseits der Industriedenkmäler. Wie wäre es denn mit einem Besuch der Ruhr-Universität Bochum, wo das eher im Geiste des Architekturbrutalismus entstandene Audimax ein Hingucker ist? Gewiss in Bochum findet man Spuren der Industriekultur, wie auch anderswo im Ruhrgebiet: Der Malakow-Turm der Zeche Hannover in Bochum ist ein Beispiel für die Industriearchitektur des späten 19. Jahrhunderts. Ganz im Stil des organischen Bauens eines Hans Scharouns entstanden die Städtischen Bühnen in Dortmund. Hier ist auch der allbekannte Borsigplatz als ein architektonisches Highlight zu finden, mal vom Dortmunder "U" ganz abgesehen, in dem nunmehr die Kunst zuhause ist. An die Blütezeit von Kohle und Stahl erinnert bis heute die Zechensiedlung Alte Kolonie Eving in Dortmund-Lindhorst. Der Kontrast zwischen dem von Manfred Lehmbruck entworfenen transparenten Lehmbruck-Museum und dem Museum der deutschen Binnenschifffahrt könnte nicht größer sein, ist doch das Museum in das ehemalige, 1908-1910 erbaute backsteinerne Schwimmbad in Duisburg-Ruhrort eingezogen, während die Kunst des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck in der modernen Architektur von Lehmbrucks Sohn einen angemessenen Platz gefunden hat. Ein weiteres Museum der Region, das Märkische Museum in Witten, residiert in einem 1909-11 erbauten beeindruckenden Werksteinbau. Im Profil gleicht die Kirche St. Suitbert in Essen-Überruhr einer Paraboloidschale, die einen ovalen Kirchenraum überdeckt, fürwahr ein Architekturleckerbissen aus den frühen 1960er Jahren. Der Neubau des Essener Folkwangmuseums fehlt ebenfalls nicht in diesem ansprechend gestalteten Architekturband mit seinen kurzen Erläuterungstexten zu jedem Bauwerk. Klar ist auch, dass die Siedlung Margarethenhöhe in Essen Bestandteil des vorliegenden Architekturführers sein musste. Gleiches gilt für das Aalto-Musiktheater und die Grugahalle. Gelsenkirchen präsentiert nicht nur die Schachtanlage Holland II. und das expressionistisch gestaltete Wohnhaus in der Ring-/Weberstraße, sondern außerdem den Nordsternpark mit seinen Zeugnissen der Industriekultur, die allerdings nicht wie die Zeche Zollverein in Essen – sie ist auch im vorliegenden Band zu finden – als Weltkulturerbe geadelt wurde. Dass Oberhausen, Datteln und Marl auch sehenswerte Architektur zu bieten haben, wird beim Durchblättern der aktuellen Veröffentlichung mehr als deutlich. Zugleich animiert der Architekturband zu einer Entdeckungstour durchs Ruhrgebiet, mit und ohne Industriekultur. © fdp
Katrin Martens: Essen für dich - Kinder entdecken ihre Stadt, Essen 2009, 136 Seiten, zahlr. farb. Abb., ISBN 978-3-8375-0156-8, Preis 14,95 €
Schon das Format des vorliegenden Buches ist nicht dazu geeignet, es bei einer Erkundung durch Essen mitzunehmen. Auch wenn Max, der Maulwurf, den Leser durch Essen führt, ist "Essen für dich" wohl dazu gedacht, sich zuhause mit der Stadt und deren Geschichte zu befassen. So liest man es auch im Vorwort, das Max verfasst hat. In zwei großen Abschnitten wird die Essener Geschichte von früher ebenso aufgeblättert wie Einblicke in das Essen von heute gegeben. Ein paar Extras zum Schluss, darunter eine Stadtrallye und ein Personen- sowie Sachregister, runden das "Essener Geschichts- und Geschichtenbuch" ab, aus dem Eltern die eine oder andere Idee für den nächsten Essenbesuch mit ihren Kindern gewinnen können. Vielleicht steht ein Spaziergang im Grünen an, im Kruppwald oder dem Heissiwald mit Wildgehege auf dem Programm? Kann es nicht auch spannend sein, sich mit den "erfolgreichen Geschäften" von RWE oder ThyssenKrupp zu beschäftigen und deren Firmensitze zu suchen, wenn man in Essen weilt? Auf den blauen Steinen kann man der Essener Kultur folgen. Der Kulturpfad führt unter anderem zum Aalto-Theater und zur Philharmonie. Max, der Maulwurf, hat sich nicht nur für Essener Kinder durch 50 Stadtteile gebuddelt, um in Erfahrung zu bringen, was es für Kinder gibt z. B. der Borbecker Schlosspark, das Freibad Hesse in Dellwig, die Kletterwand in Frillendorf, die Hespertalbahn in Kupferdreh, der Halbachhammer auf der Margarethenhöhe oder die Zeche Zollverein in Stoppenberg, auf der es spezielle Kinderführungen gibt. Der überwiegende Teil des vorliegenden "Kindergeschichtsbuchs" ist allerdings der Stadtgeschichte mit all ihren Facetten gewidmet. Das ist durchaus spannend zu lesen, zumal eingestreute Kästen, Kinder besonders ansprechen. Die farbig abgesetzten Kästen "Du bist dran!" und "Wusstest du..." fordern zum Beispiel dazu auf, am Essener Rathaus nach Cosmas und Damian Ausschau zu halten oder in der Münsterstraße nach den Gräbern der Essener Bischöfe zu suchen. Auch die jüngere Geschichte wird im Kapitel "Essen und der Nationalsozialismus" ausführlich bekandelt. Kindern sollen sich unter anderem unter der Rubrik "Du bist dran!" auf die Suche nach den 200 Stolpersteinen in der Stadt machen, die einstige Lebensorte von ermordeten Juden markieren. Wer also keinen Stadtführer für Kinder mit entsprechenden Routen durch Essen erwartet, wird beim Lesen des Buches nicht enttäuscht werden. © fdp