Berat - Stadt der 1000 Fenster

Rund 130 km sind von Tirana in südlicher Richtung zurück zu legen, bevor wir den ersten kulturellen Höhepunkt der Reise erreicht haben. Seit 2008 ist die Stadt Bestandteil der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO. Berat bietet nicht nur einen Einblick in die osmanische Bautradition sondern gilt auch als Beispiel für das funktionierende Nebeneinander verschiedener Religionen und kultureller Strömungen. Drei historische Stadtteile sind für Besucher von besonderem Interesse: Die hoch über der Stadt am Fluss Osum gelegene Festung, das muslimische Viertel Mangalemi direkt unterhalb des Burgberges und das einst mehrheitlich christliche Stadtviertel Gorica jenseits der Osum, bequem über eine Fußgängerbrücke zu erreichen.
Berat
Wandmalereien an der Außenwand der Moschee

Geschichte von Berat

Wenngleich die ersten Siedlungsspuren bis in die Zeit um 2600 v. Chr. zurück reichen, so war es wohl der illyrische Stamm der Dasareter, der ab dem 4. Jh. v. Chr. auf dem heutigen Burgberg die erste Siedlung errichtete. Der Platz war gut gewählt für die “schöne Stadt” oder “weiße Stadt”, wie sie in frühen schriftlichen Zeugnissen genannt wurde: Das Klima war mild, die Gegend fruchtbar und entlang der Osum gab es eine wichtige Handelsstrecke, die gut von der Festungsanlage aus zu kontrollieren war.

Die Römer drangen im 2. Jh. in Albanien ein und auch in den folgenden Jahrhunderten waren es immer wieder fremde Mächte und Herrscher, die das strategisch wichtige Gebiet von Berat in ihr Herrschaftsgebiet einverleibten. Zeitweise stand das Gebiet unter mazedonischer Herrschaft, im 9. Jh. waren es die Bulgaren, die die Stadt eroberten. Und immer wieder gelang die Stadt auch unter die byzantinische Herrschaft.

1417 eroberten die Osmanen Berat , der Beginn einer 500 Jahre dauernden osmanischen Herrschaft. Der Versuch Skanderbegs, des albanischen Nationalhelden, den Osmanen die Stadt wieder zu entreißen, scheiterte 1455 an der deutlichen militärischen Übermacht seiner Gegner. Ein schweres Erdbeben 1851, das große Zerstörungen hinterließ, führte zum Wiederaufbau der Stadt und gab ihr ihr heutiges Erscheinungsbild. Berat etablierte sich als wichtiges Handwerkerzentrum, das vor allem für seine Holzschnitzereien bekannt war.

Berat
Blick auf das Viertel Mangalemi

Die Festung von Berat

Es ist sinnvoll, einen Besuch der Stadt mit der Festungsanlage zu beginnen - so kann man schon einmal einen Überblick über den Rest der Stadt gewinnen. Wer jetzt eine übliche Burganlage mit Resten von Türmen und Mauern erwartet, der wird überrascht sein: Noch heute wird die Festung bewohnt, wirkt an manchen Stellen wie ein ganz normaler Stadtteil, sogar Gästezimmer werden hier angeboten. Der etwa 20 minütige, schweißtreibende Aufstieg über Kopfsteinpflaster lohnt die Anstrengung: Angekommen an der Vorburg und dem Haupttor lassen sich bereits die Reste der unterschiedlichen Bauphasen ausmachen: Steinblöcke aus illyrischer Zeit neben den etwas sorgfältiger behauenen römischen Quadern und Ausbesserungen aus der osmanischen Epoche.



Fast zehn Hektar umfasst die Burgfläche, da sollte man sich etwas Zeit nehmen die versteckten Winkel und Ecken zu erkunden sowie den herrlichen Ausblick zu genießen. Die meisten der heute noch erhaltenen Wohnbauten stammen aus dem 18. Jh., als Berat ein bedeutsames Wirtschaftszentrum darstellte. Die verbliebenen Kirchenbauten reichen bis ins 13. Jh. zurück und zeigen beeindruckende Beispiele byzantinischer Architektur und Wandmalerei. 

Festung von Berat

Reste eines Minaretts auf der Festung

Festung von Berat

Vor allem ältere Frauen sind es, die sich hier ein kleines Zubrot verdienen wollen

Auf jeden Fall einen Besuch wert ist das ehemalige Kloster Shen Merise, das heute das Onufri-Museum beherbergt. Der Maler Onufri, der Mitte des 16. Jhs. mehrere Jahre lang in Berat arbeitete, erlangte internationale Bekanntheit und arbeitete auch in verschiedenen Nachbarländern, so z.B. in Griechenland. Weit über 100 Objekte verschiedener Künstler sind im Museum ausgestellt, Ikonen und liturgische Gegenstände, die den Zeitraum vom 15, bis zum 20 Jh. dokumentieren.
Festung von Berat
Festung von Berat

Durch die Stadt

Das Viertel Magalemi unterhalb der Festung war einst den moslemischen Bewohnern vorbehalten. Seine meist zweigeschossigen Häuser kleben am steilen Festungshang und lassen leicht erkennen, warum man Berat als Stadt der 1000 Fenster bezeichnete. Nur wenige Gehminuten östlich von Mangalemi erreicht man die Königsmoschee (Xhamia e Mbretit), die bereits Ende des 15. Jhs. von Sultan Bayasid II. errichtet worden war. Dahinter liegt die sehenswerte Tekke der Halveti-Derwische aus dem 18. Jh. mit einer reich geschnitzten Holzdecke. Gleich daneben Reste einer alten Karawanserei: im unteren Teil befanden sich die Lagerräume und Stallungen, darüber die Zimmer für die Händler.

Über eine Fußgängerbrücke oder über eine aus der osmanischen Zeit stammenden Brücke erreicht man auf der anderen Seite des Flusses Osum das einst mehrheitlich christliche Viertel Gorica. Bereits im 16. Jh. siedelten hier Menschen, wenngleich die meisten der heute noch vorhandenen Gebäude aus dem 19. Jh. stammen, viele der älteren Häuser waren bei einem großen Erdebeben zerstört worden. Ein Bummel über das Kopfsteinpflaster der engen Gassen sollte zu jedem Besuch Berats gehören, mittlerweile sind hier sogar die ersten Restaurants und Unterkünfte zu finden.
Wer mehr über Leben und Arbeiten im alten Berat erfahren möchte, der sollte dem Ethnographischen Museum einen Besuch abstatten.






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