Eine Wanderreise durch den Süden des Landes
Wer Albanien als Reiseziel seines Urlaubs angibt, dem wird häufig mit einem merkwürdigen Blick begegnet. Verwunderung macht sich breit. Kann man da überhaupt hinreisen und einen erholsamen Urlaub verbringen ? Armut und Blutrache sind einige der Begriffe, die dem einen oder anderen dabei durch den Kopf gehen. Dem wollte ich nachgehen. Bei einer Wandertour durch den Süden des Landes.
Wobei Wandertour vielleicht nicht ganz der richtige Begriff ist. Schließlich blickt das Land auf eine lange und komplexe Geschichte zurück, nicht zuletzt zeugen mehrere als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannte Stätten von der einst großen Bedeutung dieses Fleckchens Erde. Und so versprach mein Reiseveranstalter - Wikinger Reisen - auf der von mir gewählten 14-tägigen Tour nicht nur mehrere Wanderungen in unterschiedlichen Landesteilen, sondern auch Einblicke in Kultur und Geschichte, darunter den Besuch aller Weltkulturerbestätten des Landes.
Die Hauptstadt Tirana, deren Einwohnerzahl sich einschließlich seines Ballungsraums Schätzungen zufolge langsam der Millionengrenze nähert, kann man nicht wirklich als Highlight auf einer Tour durch das Land bezeichnen. Da sich hier aber der zentrale Flughafen des Landes befindet, bietet sich eine Tour durch die Innenstadt an.
Mitten im Herzen der Stadt erstreckt sich der weitläufige Skanderbeg-Platz, benannt nach dem Nationalhelden Albaniens, dem wir auf unserer Reise noch öfters begegnen werden. Mehrmals wurde er schon umgebaut, bei meinem Besuch war die einstige Rasenfläche weitgehend durch schlichte Steinplatten ersetzt worden.
Das wohl interessanteste Gebäude am Platz ist die kleine Moschee Et’hem Bey, mit deren Bau Ende des 18. Jhs. begonnen wurde. Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte, 40 Meter hoch in den Himmel ragende Minarett ist wieder restauriert. Außerhalb der Gebetszeiten kann man auch das Innere dieser nur von einer Kuppel gekrönten Moschee besichtigen und gegen Entgelt mit dem Hodscha das Minarett besteigen. Malereien mit Pflanzendekormotiven prangen schon an der Außenseite der Moschee, aber auch die Vorhalle und das Innere des Gebetshauses sind von beeindruckenden Malereien bedeckt - neben den vorherrschenden ornamentalen Mustern auch Darstellungen von Gebäuden und Städten.
Nur wenige Meter hinter der Moschee erhebt sich der 1830 fertig gestellte 35 Meter hohe Uhrturm, der auch bestiegen werden kann - ca. 90 Stufen! - und einen weiten Blick über das Zentrum bietet.
Das Nationalmuseum an der Nordseite des Platzes ist leicht durch sein riesiges Mosaik über dem Haupteingang erkennbar, das im heroischen Stil des Realsozialismus die Geschichte des albanischen Volkes als beständigen Kampf illustriert. Ein roter Stern oberhalb der zentralen Figur wurde allerdings Anfang der 90er Jahre entfernt. Tausende von Exponaten illustrieren hier auf mehreren Etagen die Geschichte des Landes von der Zeit der Illyrer bis in die jüngste Vergangenheit.
Der große Kulturpalast an der Ostseite des Platzes beherbergt zum einen die Nationalbibliothek, die größte Albaniens, und die Oper.
Unweit des Skanderbeg-Platzes in östlicher Richtung lohnt ein Besuch des Pazari I Ri, ein traditioneller Marktplatz, der kürzlich modern umgestaltet wurde. Hier kann man Obst und Gemüse einkaufen oder getrocknete Beeren und Nüsse als Proviant für die Reise. Oder sich in einem der modernen Cafes und Restaurants rund um den offenen überdachten Marktplatz niederlassen.