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Reiseführer Madrid

Plaza Mayor

Die Plaza Mayor ist nicht nur der obligatorische Beginn für eine Stadtführung sondern auch der eigentliche Auftakt von Madrids Geschichte als spanischer Hauptstadt. Das Jahr 1561 teilt die Historie der Stadt wie auch dieses zentralen Platzes in ein Davor und ein Danach, die fast nichts miteinander zu tun haben.

 Davor war Madrid eine kastilische Kleinstadt mit nicht einmal 10.000 Einwohnern. Sie verfügte über mehrere Kirchen und Marktplätze wie zum Beispiel die Plaza Mayor. Diese hieß vor 1561 jedoch noch nicht Plaza Mayor, sondern Plaza del Arrabal (wörtlich: „Platz in der Vorstadt“) und war nichts anderes als ein unbefestigter Marktplatz vor den damaligen Stadttoren. 

 

Praktische Tipps: Plaza Mayor
gibt`s hier...

  • Monasterio de las Descalzas Reales

Plaza de las Descalzas, Tel.: 91 – 547 53 50. 10.30 – 12.30, 16.00 – 17.30, Sonntag 11.00 – 13.30. Eintritt: 5  Euro (mittwochs freier Eintritt für EU-Bürger).
Dieses Schmuckstück der Madrider Spätrenaissance liegt nicht einmal fünf Minuten nördlich der Plaza Mayor und wird auf den Touren durch die Altstadt zu Unrecht ein bisschen stiefmütterlich behandelt. Im Auftrag der Kaiserin María gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbauter Klausurkonvent, dessen Innendekoration zum überwiegenden Teil aus dem 17. Jahrhundert stammt und einige Meisterwerke der illusionistischen Malerei bietet. Als Grablege zahlreicher Habsburgerprinzessinnen der damaligen Epoche spiegelt das Kloster auch den Kunstgeschmack und die Sammeltätigkeit der damaligen Hocharistokratie wieder. Aus diesem Grund sind die Descalzas Reales heute nicht nur wegen ihrer Architektur sehenswert, sondern bieten auch eine erstklassige Gemäldegalerie. Hier fehlen weder Rubens, noch Tizian oder Zurbarán. Ein Muss für alle Kunstfans. Seien Sie aber mittwochs frühzeitig da, um überhaupt hineinzukommen.

  • Oficina de Turismo (Städtisches Touristenbüro)

Plaza Mayor 3 (Casa de la Panadería), Tel.: 91 – 588 16 36
Direkt im ehemaligen Sitz des Bäckergremiums gelegen. Für alle Reisenden, die Auskunft zu Restaurants, Hotels, öffentlichem Nahverkehr und Ausflugsmöglichkeiten in die nähere Umgebung suchen. Auf Englisch erhalten Sie problemlos die erwünschte Auskunft, erwarten Sie aber keine Beratung auf Deutsch.

  • Restaurante Botín

calle Cuchilleros 17, Tel.: 91 – 366 42 17, Preis pro Person: 35 – 50 Euro. Durchgehend geöffnet.
Lassen Sie sich nicht durch das Schild „El sobrino de Botín“ verwirren, denn über dem Eingang finden Sie den richtigen Namen des Restaurants. Hierbei handelt es sich angeblich um das älteste Speiselokal Europas aus dem 18. Jahrhundert. Ob dies stimmt, ist schwer zu sagen. Sicher ist allerdings, dass das Botín in der Madrider Altstadt die angesagteste Adresse für alle ist, die zünftige kastilische Fleisch- aber auch Fischspezialitäten zu sich nehmen wollen (guten Fisch gibt es nämlich nicht nur am Mittelmeer). Die Preise liegen deutlich über denen des Luis Candelas, dafür befinden sich neben den üblichen Touristengruppen aber auch immer wieder spanische Prominente unter den Kunden. Manchmal soll sogar schon der König höchstpersönlich gesichtet worden sein.

  • Restaurante Las Cuevas de Luis Candelas

calle Cuchilleros 1, Tel.: 91 – 366 54 28, Preis pro Person: 25 – 35 Euro. Durchgehend geöffnet.

Madrid, Las Cuevas de las candelasFast höhlenartig in das Fundament der Plaza Mayor eingebautes und am unteren Ende des Arco de Cuchilleros gelegenes Restaurant. Lassen Sie sich nicht von dem grimmig drein blickenden Türsteher abschrecken, der in der volkstümlichen Tracht der madrilenischen „Majos“ aus dem 18. Jahrhundert gekleidet ist. Er soll nur die historische Figur des berühmten Trickdiebes und Verwandlungskünstlers Luis Candelas imitieren, der im Madrid des 19. Jahrhunderts zu einer Art Volksheld avancierte und angeblich mit seiner Räuberbande öfter an diesem Ort verkehrte. Das Lokal ist touristisch, aber keine Touristenfalle. Kastilische Spezialitäten wie Lamm (cordero) und Spanferkel (cochinillo) zu annehmbaren Preisen.

 

Genau in jenem epochalen Jahr 1561 erließ der damalige spanische König Philipp II. ein für Madrid wie für ganz Spanien weitreichendes Edikt: er verkündete die Übersiedlung des Königshofes in die bis dato ziemlich unbedeutende Stadt. Philipp wollte mit seiner Wahl ein Zeichen setzen: eine Hauptstadt mitten im geographischen Zentrum der iberischen Halbinsel, symbolträchtig in der Mitte seines bis nach Amerika reichenden Imperiums und am Schnittpunkt der alten römischen Handelsstraßen gelegen. Die Kleinstadt Madrid war für den Habsburger wie ein weißes Stück Papier, auf dem er eigenmächtig seine Handschrift hinterlassen konnte - und das alles in einer von der Natur privilegierten Umgebung mit zahlreichen Wäldern, Bergen und Flüssen, wo der Herrscher nach Herzenslust dem Jagen frönen konnte, dem Lieblingssport fast aller damaligen Könige.
 
Madrid, Reiterstatue Philipp III.Die Plaza del Arrabal, mittlerweile innerhalb der Madrider Stadtmauern gelegen, wurde nach dem Willen des Königs in die neue Plaza Mayor seiner Residenz umgebaut, um auf ihr alle wichtigen höfischen Feste von Vermählungen bis hin zu Empfängen zu zelebrieren. Als erstes Bauwerk wurde der Sitz des Bäckergremiums, die Casa de la Panadería, fertig gestellt, noch heute durch mythologische Wandbemalung jüngeren Datums von den restlichen Gebäuden am Platz hervorgehoben. Von hier aus begann ab 1561 die völlige Neugestaltung dieses rechteckigen Platzes mit seinen großzügigen Dimensionen von 120 x 94 Metern. Nicht zuletzt diese Größe erklärt auch die Bauzeit von knapp 60 Jahren, die seine Konstruktion in Anspruch nahm. Die Fertigstellung fiel ins Jahr 1620 und damit in das Ende der Regierungszeit von Philipps Sohn, Philipp III. (1598 – 1621), seit 1848 in Form eines Reiterstandbildes in der Mitte des Platzes verewigt.

Neben den oben genannten offiziellen Anlässen zelebrierte man hier auch Ketzerverbrennungen oder Hinrichtungen gewöhnlicher Straftäter. Doch eigentlich war der neu gestaltete Platz mit seinen riesigen Dimensionen für Stierkämpfe gedacht – das Volksvergnügen schlechthin im Spanien der Habsburger. Der Platz wurde hierfür mit Sand aufgefüllt und somit entstand im Handumdrehen eine Arena für dieses Spektakel, das damals ausschließlich vom berittenen Adel aufgeführt wurde – selbstverständlich ohne jede Schutzpanzerung des Pferdes, wie sie heute üblich ist. Blut und Gedärme spritzten nur so über den Platz, und die königlichen Herrschaften, die von den Balkonen der umliegenden Häuser aus dem Geschehen beiwohnten, brauchten bei diesen Anlässen gute Nerven. Das Fassungsvermögen der gesamten Anlage war enorm, sie bot schätzungsweise 50.000 Menschen Platz. Knapp die Hälfte der damaligen Bevölkerung konnte hier also höfischen Festivitäten beiwohnen. Die Balkone der Häuser am Platz waren jedoch dem Adel und hohen Klerus vorbehalten. 

Unter der seit dem 18. Jahrhundert regierenden Bourbonen-Dynastie nahm die Bedeutung der Plaza Mayor allmählich ab. Ein Brand im Jahre 1790 war der Anlass für eine klassizistische Neukonstruktion durch den Hofarchitekten Juan de Villanueva, und die heutige Plaza Mayor ist letztendlich das Resultat dieses Neubaus. Villanueva baute den Platz völlig neu auf, er verwendete nun aber statt Holz den brandsicheren Kalkstein als Baumaterial. Die Linien der Dachgesimse wurden vereinheitlicht, die Fassadenhöhe um ein bis zwei Stockwerke verringert, die Arkaden im Erdgeschoss nach außen hin abgeschlossen, die zuvor vielfarbigen Häuserfassaden mit einheitlichem Kalkverputz versehen – eine alles in allem intimere und einheitlichere Wirkung, die den einstigen barocken Pomp gehörig reduzierte. Im 19. Jahrhundert verwandelten Bänke, Laternen und Baumbepflanzung das ehemalige Barockszenario in ein bürgerliches Idyll – ganz im Stil der Romantik und der Anlage französischer Plätze. Diese Neuerungen des vorletzten Jahrhunderts sind heute wieder rückgängig gemacht, so dass man die ursprünglichen Ausmaße der Plaza Mayor sowie ihre klassizistische Ästhetik ungestört mit dem Blick ermessen kann.

Um die Plaza Mayor rankten sich lange Zeit zahllose Spukgeschichten, aber auch morbide Anekdoten. So war die Reiterstatue Philipps III. bis ins 20. Jahrhundert unfreiwillige Protagonistin tragischer Tiertode. Durch das geöffnete Maul des Pferdes flogen immer wieder Spatzen und andere Kleinvögel in das Innere der Statue, fanden dann aber durch den langen Hals nicht mehr hinaus und verendeten elend. Grund genug, bei der Restauration des Monuments dem Pferd das Maul zu schließen und somit weitere Unglücksfälle zu vermeiden. Da sage noch mal einer, die Spanier hätten kein Herz für Tiere.

Madrid, Arco de CuchillerosDer Abstieg über die steile Treppe des im äußersten Südwesteck gelegenen Arco de Cuchilleros verdeutlicht ganz klar, dass es sich bei dem eigentlichen Platz um eine höher gelegte Konstruktion handelt. Die Häuserfront an dieser Seite der Plaza Mayor musste die Last des Platzes nach außen hin abfangen und hatte deshalb diese gebogene Form. Diese Gebäude aus der Zeit der Erbauung der Plaza Mayor zählen nicht nur zu den ältesten noch erhaltenen Wohnhäusern der Stadt, sondern mussten auf die an einstöckige Wohnarchitektur gewohnten Zeitgenossen wegen ihrer Höhe auch sehr beeindruckend gewirkt haben. Für den zumeist von Westen in die Hauptstadt einreitenden König und sein Gefolge sah die Plaza Mayor wie ein über den Häusern Madrids schwebendes Plateau aus – eine kleine Showeinlage und Referenzbezeugung der Barockarchitekten für ihren Herrscher.

Leider war die Plaza Mayor eine der wenigen architektonischen und urbanistischen Planmaßnahmen der damaligen Dynastie und damit die große Ausnahme im explosionsartig wachsenden Madrid des 16. und 17. Jahrhunderts. Zählte die Stadt im Jahre 1561 gerade mal 10.000 Einwohner, so hatte sich diese Zahl am Ende der Regierungszeit Philipps II. im Jahr 1600 glatt verzehnfacht. Der herrschenden Dynastie flößte dieses Monstrum, das sie selbst in die Welt gesetzt hatten, offensichtlich gehörigen Respekt ein. Innerhalb kürzester Zeit kehrten die Habsburger ihrer Hauptstadt urbanistisch gesehen den Rücken zu und konzentrierten sich auf die Errichtung von Palästen in und um Madrid. Noch heute kann man diese Konzeptlosigkeit im Stadtplan erkennen: ein Palastbezirk im Westen (der Palacio Real), ein anderer im Osten (der ehemalige Retiro-Palast), und dazwischen das große Chaos mit verwinkelten, unregelmäßigen Straßen und völlig uneinheitlicher Bebauung. Madrid als „Misthaufen Europas“ – das Resultat städtebaulicher Anarchie und extremer Verschmutzung.

 

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