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Reiseführer Madrid

Tour 2: Vom Dichterviertel zum Prado - das Madrid der schönen Künste

Unser zweiter Rundgang deckt den östlichen Teil der Madrider „Altstadt“ ab und führt uns zu den ehemaligen und immer noch aktuellen Zentren von Kunst und Literatur.

Wir beginnen an der nur fünf Minuten von der Plaza Mayor entfernten Plaza Santa Ana und vor dem Teatro Español. Der Platz besticht durch seine zahlreichen Restaurants und Straßencafés sowie seit 2007 durch die Präsenz des wieder eröffneten Luxushotels Reina Victoria, einst wie heute beliebte Übernachtungsstätte spanischer Toreros.
Am lebhaften Treiben auf dem Platz ist deutlich zu erkennen, dass wir uns nicht nur inmitten eines kulturell einzigartigen Stadtteils, sondern auch in einem ausgesprochenen Ausgehviertel befinden. Die Vielzahl an Bars, Restaurants und Diskotheken, die man auf einem Streifzug durch die Umgebung der Plaza Santa Ana zu sehen bekommt, ist heute unter dem Namen Huertas bekannt. Was mittlerweile als Vergnügungsmeile Nacht für Nacht tausende Ausgehwütige anzieht, war in früheren Jahrhunderten das „Barrio de las letras“ -oder auf Deutsch „Dichterviertel“.
Diese Gegend war im 16. und 17. Jahrhundert wegen ihrer Infrastruktur aus Theaterbühnen, Künstlertreffpunkten, Druckereien etc. Magnet für Künstler und Literaten aus ganz Spanien. In diesem früheren Epizentrum spanischer Kultur besichtigen wir die ehemalige Wohnung des Barockdramatikers Lope de Vega (in der calle de Cervantes) und den Konvent des Trinitarierordens (in der calle Lope de Vega), in dem im frühen 17. Jahrhundert der Autor des „Don Quijote“, Miguel de Cervantes, begraben wurde. Zu beiden Straßen gelangt man über die südlich der Plaza Santa Ana verlaufenden calle Huertas und ihre Stichstraße, die calle León.

Von diesen Überresten der literarischen Glanzzeit Spaniens sind es nur einige Meter zu der urbanistischen Meisterleistung des 18. Jahrhunderts, dem Paseo del Prado, in den die calle Lope de Vega direkt einmündet. Ein Boulevard von kaum mehr als zwei Kilometern Länge, der bis heute Natur und Kunst perfekt miteinander verbindet. Am besten ist diese Symbiose an der Plaza Cánovas del Castillo zu sehen. Neben dem mythologischen Neptunbrunnen, dem Mahnmal zu Ehren der spanischen Widerstandskämpfer gegen die napoleonische Besatzung, der Madrider Börse oder dem Luxushotel Ritz wartet dieser Platz auch mit den beiden wichtigsten Museen Madrids auf: dem Museo del Prado und dem Museo Thyssen-Bornemisza.
 
Natürlich beginnen wir mit dem Touristenmagneten schlechthin, dem Prado-Museum. Über den Haupteingang an der Nordseite betreten wir die ständige Kollektion, in der wir zunächst im Untergeschoss das Mittelalter und die Renaissance zu sehen bekommen. Die klassizistische Architektur dieser Pinakothek – ehemalige „Akademie der Naturwissenschaften“ aus dem Jahr 1785 -  ist dabei ebenso bewundernswert wie die zur Schau gestellten Kunstschätze. Das gesamte Panorama der spanischen Malerei vom 11. bis zum 18. Jahrhundert wartet mit großen Namen wie El Greco, Velázquez und Goya auf. Aber auch andere europäische Maler von Weltrang sind in der ehemaligen Sammlung der spanischen Könige vertreten: Tizian, Rafael, Dürer, Bosch, Rubens, Rembrandt – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Ein Spaziergang durch den Prado führt unweigerlich auch in den 2007 eingeweihten neuen Bauteil, der von dem spanischen Architekten Rafael Moneo um einen spätgotischen Konvent herum errichtet wurde. Hier sind Kunstwerke des 19. Jahrhunderts, aber auch etliche der zahlreichen Sonderausstellungen des Prados zu sehen.

Von der Anhöhe des neuen Bautrakts steigen wir wieder in Richtung Neptun-Brunnen hinab und überqueren die Plaza Cánovas del Castillo. Hierbei können wir den mit Platanen und Akazien bepflanzten Paseo del Prado in seiner ganzen Pracht bewundern.

Unser nächster Abstecher führt uns in einen Backsteinpalast des 18. Jahrhunderts, dem Palacio de Villahermosa, in dem die Sammlung des Museo Thyssen-Bornemisza untergebracht ist. Sie ist die perfekte Ergänzung zum Prado, weil sie vor allem auf die Kunst ab dem späten 19. Jahrhundert spezialisiert ist. Das Thyssen-Bornemisza fängt also quasi dort an, wo der Prado aufhört. Wer sich speziell für den französischen Impressionismus, den deutschen Expressionismus oder den russischen Konstruktivismus interessiert, der kommt hier voll auf seine Kosten.

Vom Thyssen-Bornemisza aus biegen wir in Richtung Süden ab und passieren auf dem reichlich schmalen Gehsteig zwei weitere Kunstinstitutionen, die den Paseo del Prado immer mehr zum Kunstboulevard, zum Paseo del Arte, umgestalten.
Zunächst die neueste Einrichtung, das 2008 in einem umgebauten Elektrizitätswerk errichtete Caixa Forum. Von einer wichtigen katalanischen Bank gesponsert und von nicht wenigen Spöttern als Beitrag zur katalanisch-spanischen Völkerverständigung belächelt, bereichert dieses Museum den Paseo del Prado dennoch um weitere Ausstellungsflächen.
Am südlichen Ende des Paseo del Prado gelangen wir am Atocha-Bahnhof an, jenem seit dem 11.3.2004 zu tragischer Berühmtheit gelangten Madrider Hauptbahnhof. Direkt gegenüber der Eisen-Stahl-Fassade aus dem späten 19. Jahrhundert befindet sich der letzte Teil des „Paseo del Arte“, das Kunstzentrum und Museum Reina Sofía. Es vervollständigt den Reigen der beiden anderen großen Pinakotheken mit einem Einblick in die moderne und die zeitgenössische Kunst. Eine Kollektion, die um das Hauptwerk „Guernica“ von Pablo Picasso herum gruppiert ist und in dem seit 2005 existierenden, neuen Ausstellungsteil in Form von Sonderausstellungen fortgesetzt wird.

Mit dem Reina Sofía ist zwar unser Spaziergang durch das Madrid der schönen Künste beendet, keinesfalls aber die Anhäufung der kulturellen Institutionen in der Nähe des Paseo del Prado zur Gänze abgehandelt. Die künstlerisch Interessierten bekommen in den Seitenstraßen zwischen Paseo del Prado und Plaza Santa Ana eine große Anzahl kleiner Galerien und Veranstaltungsräume zu sehen, in denen die kulturelle Vitalität der spanischen Hauptstadt viel unmittelbarer zum Ausdruck kommt als in den großen Besuchermagneten am Paseo del Prado. Kultur nicht nur als Gelddruck- und Repräsentationsmaschine, sondern eben auch als das, was sie eigentlich schon immer war: ein Werkzeug der Meinungsfreiheit und ein Gegeninstrument zum großen Business.

 

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