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Beihai-Park

Der frühere Lustgarten des Kaiserhofes ist heute einer der beliebtesten Parks der Pekinger in der Innenstadt.


Beihai-Park

Ganz im Süden des Parks liegt, auf einer fünf Meter hohen Mauer, die Runde Stadt (Duancheng), die über lange Zeit Kaserne für die Palastwachen war, jedoch auch einige Kleinodien aufbewahrt. In der Halle der Erleuchtung, zum Beispiel, die, für China sehr ungewöhnlich, einen kreuzförmigen Grundriß hat, wird eine tibetische oder burmesische Buddhafigur aufbewahrt, die Jadebuddha genannt wird, allerdings nicht aus echter Jade besteht. Angeblich soll ein Mönch sie und eine weitere Figur 1893 in Burma geschenkt bekommen haben, als er behauptete, er reise im Auftrag der Kaiserinwitwe Cixi, die als strenge Buddhistin bekannt war. Nach seiner Rückkehr erfuhr die mächtige Cixi davon, woraufhin sich der Mönch genötigt sah, die größere Figur der Kaiserinwitwe zu schenken, die sie hier aufstellte. Andere Quellen berichten jedoch, die Figur sei ein Tributgeschenk aus Tibet.
In einem Pavillon südlich der Halle steht zudem ein Weingefäß aus Jade mit 1,50 m Durchmesser, aber es gehörte ja auch dem Mongolen Kublai Khan.
Über eine Brücke geht es nun hinüber auf die Jadeinsel (Qionghuadao) und durch die wenigen noch erhaltenen Gebäude eines Tempels hinauf auf den Gipfel des Hügels, den die weithin sichtbare Weiße Dagoba (Baita) krönt. Ein solches Bauwerk ist eigentlich ein chorten, ein tibetisches Grab für einen hochgestellten Mönch. Hier liegt jedoch niemand begraben, sondern die Dagoba wurde 1651 anläßlich eines Besuches des 5. Dalai Lama am Kaiserhof errichtet. In ihrem Innern wurden wertvolle Objekte gefunden. Doch die Dagoba besaß auch ganz profane Bedeutung für den Hof, denn wegen ihrer exponierten Lage wurde sie als Signalturm genutzt, tagsüber mit Flaggen, nachts mit farbigen Laternen.


Im Hintergrund die Jadeinsel mit der Weißen Dagoba (Baita)

An der Nordspitze der Insel liegt das berühmte Fangshan-Restaurant (Tel. 64011879), das einige Köche aus dem Palast nach der Vertreibung des Hofes (1924) eröffneten und das bis heute vorzügliche Menüs der kaiserlichen Küche anbietet, allerdings auch nicht ganz billig. Vor dem Restaurant legen die Fähren an, die Besucher über den See, der im Sommer immer voller Tret- und Ruderboote ist, zu den Fünf-Drachen-Pavillons (Wulongting) bringen, von denen aus der Kaiser geangelt haben soll. Ihren Namen bekamen sie von den unterschiedlichen Höhen der Dächer, die die Pavillons direkt über dem Wasser wie ein gewundener Drache aussehen lassen.
Links von den Pavillons erhebt sich eine mächtige quadratische Holzpagode, die den Namen Kleiner Westlicher Himmel (Xiaoxitian) trägt und einst einen Berg aus Ton mit einer Guanyin-Figur auf der Spitze verbarg. An den Berghängen fanden sich 800 Figuren von Luohan. Der Berg mußte 1923 restauriert werden, was aber wohl nicht richtig gelang, denn schon 1953 drohte er wieder einzustürzen. Als Folge mußte man das gesamte Gebäude auseinandernehmen, was kein Problem war, da es nur aus Holz bestand. Aber erst Mitte der neunziger Jahre wurde es wieder zusammengesetzt.

Rechts von den Pavillons verstecken sich hinter Bäumen eine ganze Reihe von Häusern und kleinen Tempeln, in denen man teilweise schon herumwandern kann, die teilweise restauriert werden oder bereits Verwendung als Museen gefunden haben. In der Halle des Kristallklaren Wassers findet sich auch ein Restaurant für einen Imbiß.

Nicht entgehend lassen sollte man sich allerdings die Neun-Drachen-Mauer (Jiulongbi), die ebenfalls hinter einigen Bäumen verborgen ist. Sie ist 25,5 m lang, 6,9 m hoch und 1,4 m dick, steht, anders als ihr Pendant im Kaiserpalast, frei, ist also von beiden Seiten mit glasierten Kacheln bedeckt, auf denen jeweils neun große Drachen, die kaiserlichen Wappentiere, dargestellt sind. Insgesamt gibt es jedoch 635 Drachen auf der Mauer, wenn man auch den allerkleinsten mitzählt. Gebaut wurde diese Mauer zur Geisterabwehr für die Gebäude des Übersetzungs- und Druckstudios für lamaistische Texte, das weiter nördlich lag. Bis 1919 tat sie ihren Dienst ordnungsgemäß, dann brannte das Studio ab.

Ein Stück weiter auf dem Weg zum Nordtor liegt das Studio zur Beruhigung der Sinne (Jingxinzhai), ein von einer hohen Mauer umschlossener Garten im Garten. Schon Cixi wandelte gerne über die schmalen Stege durch kunstvoll angeordnete Pflanzen und über das Wasser und ließ sich dann in einem der Pavillons mit Tee erfrischen. In der Republikzeit diente der Garten verschiedenen staatlichen Institutionen als Gästehaus, etwa der Academia Sinica. In den sechziger Jahren wohnte der gerade aus dem Gefängnis entlassene letzte Kaiser, Puyi, hier und schrieb seine lesenswerten Memoiren. Von dem Garten sind es nur noch wenige Schritte bis zum Nordausgang des Beihai-Parks.

Lesetipp:

Pu Yi, Ich war Kaiser von China: Vom Himmelssohn zum Neuen Menschen, hrsg. und übersetzt von Richard Schirach und Mulan Lehner, München: Hanser.

Reginald F. Johnston, Twilight in the Forbidden City, Hongkong: Oxford University Press 1987 (Bericht von Puyis Englischlehrer über den Kaiser und das Leben im Palast, nur auf Englisch erhältlich)

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