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Ming-Gräber
(Shisanling)

Knapp 50 km nördlich des Pekinger Stadtzentrums liegen in einem weiten Talkessel die Mausoleen von 13 der 16 Ming-Kaiser. Die gesamte Anlage steht auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes.

Früher war das ganze Tal durch eine hohe rote Mauer abgesperrt. Nur die Wachsoldaten und einige Bauern lebten darin, wobei auch die Bauern nur für die Pflege der Grabanlagen zu sorgen hatten und keine Landwirtschaft betreiben durften. Mehrfach im Jahr besuchte der amtierende Kaiser mit großem Gefolge die Mausoleen seiner Vorfahren. Auch er mußte am Großen Roten Tor vom Pferd steigen und durch den östlichen der drei Eingänge gehen, da der mittlere dem Sarg eines toten Kaisers vorbehalten blieb. Hinter dem Tor befand sich früher eine riesige Halle mit mehr als 300 Räumen, von der nichts erhalten blieb. Hier ruhte sich das kaiserliche Gefolge aus und kleidete sich um, denn nun lag noch ein 5 km langer Fußweg bis zu den Gräbern vor ihm.

Nach 500 m kam der Zug zum Stelenpavillon mit einer 10 m hohen Steinstele auf dem Rücken einer langes Leben verheißenden Schildkröte. Die Stele ist eine Kopie der Stele in der Grabanlage des ersten Kaisers der Dynastie, der noch in der ersten Hauptstadt Nanjing beigesetzt wurde. Die Inschrift stammt vom vierten Kaiser der Dynastie, Hongxi, der in 3500 Zeichen die Grabanlage seines Vaters Yongle, der das Tal ausgewählt hatte, beschreibt.
Hinter dem Pavillon beginnt die berühmte Geisterstraße, die von jeweils paarweise angeordneten überlebensgroßen Tieren, mystischen Figuren und Beamten aus Stein gesäumt wird.


Kopf eines steinernen Beamten

Sie sollen die Gräber von bösen Geistern und menschlichen Grabräubern schützen. Auf dem Weg zu Yongles Grab versperrt dann noch das hölzerne, ganz rot gestrichene Drachen-und-Phönix-Tor den direkten Blick.

Das Mausoleum des dritten Ming-Kaisers heißt Changling und ist weitgehend restauriert. Die Anlage besteht aus zwei Teilen, drei rechteckigen, von einer Mauer umschlossenen Innenhöfen mit Opferhallen sowie seitlichen Vorbereitungsräumen und dem runden Tumulus, unter dem sich tief in der Erde die Grabkammer, die bisher nicht gefunden wurde, befindet. Diese Grabgestaltung hat mit der chinesischen Vorstellung zu tun, daß beim Tod sich die Seele des Verstorbenen vom Körper trennt und dann noch für etwa drei Generationen umherschwirrt und zur Kommunikation mit den Nachkommen fähig ist. Deshalb mußte der Seele ein irdischer Teil gebaut werden, in dem sie sich heimisch fühlen würde, so daß man die großen Hallen aus dem Kaiserpalast kopierte, um darin der Seele des Verstorbenen zu opfern. Dieses Opfer mußte der älteste Sohn darbringen; Söhne als Nachkommen sind deshalb für Chinesen enorm wichtig. Die Hallen werden heute für eine Ausstellung von Kopien der Grabbeigaben genutzt, die im Dingling gefunden wurden.
Auf dem Übergang zwischen der rechteckigen Form, die die Erde symbolisiert, zum runden Grabhügel, Symbol des Himmels, steht ein hoher Stelenpavillon mit der Gedenkstele des Verstorbenen. Auf dieser wird ihm ein postumer Ehrenname zugewiesen, unter dem der Kaiser später bekannt war. Von dort gibt es einen Scheinzugang zur Grabkammer, um mögliche Grabräuber irrezuleiten. Der tatsächliche Eingang befand sich an ganz anderer Stelle.

Wie eine solche Grabkammer aussieht, kann man im Dingling, dem Grab des Wanli-Kaisers (1572-1620) sehen, denn zu dieser hat man per Zufall den Eingang gefunden. Man betritt sie heute durch die Hintertür und verläßt sie dort, wo der eigentliche Eingang war. Hinter diesem folgten zwei durch schwere Steintore getrennte Vorhallen, die die Archäologen leer vorfanden. Hinter dem nächsten Steintor befand sich eine weitere, größere Halle mit drei Marmorthronen, vor denen jeweils ein Steinaltar mit fünf Zeremonialobjekten standen. Ewige Lampen waren mit Öl gefüllt, doch wohl schon nach kurzer Zeit mangels Sauerstoff ausgegangen. Quer zur Achse lag dahinter die eigentliche Grabkammer mit einer Plattform vor der Rückwand. Auf ihr ruhten drei Särge, in der Mitte der des Kaisers, flankiert von denen seiner Gattinnen. Seitlich, parallel zur Hauptachse, entdeckte man zwei weitere Grabkammern, die wohl für Konkubinen gedacht waren, aber leer vorgefunden wurden.
Die Leichen ruhten in doppelten Särgen, die äußeren aus lackiertem Pinienholz, die inneren aus dem sehr harten, duftenden nanmu aus Südchina. Die Toten waren mit wertvollen Seidengewändern und Schmuckstücken bekleidet und von zahllosen Grabbeigaben umgeben. Die meisten Stücke waren aus Jade, denn soll den Verfallsprozeß des Körpers aufhalten. Insgesamt hat man etwa 3000 Objekte gefunden, von denen einige gelegentlich im Museum des Kaiserpalasts ausgestellt werden. Die Gegenstände im Changling sind nur (teilweise schlecht gemachte) Kopien.

Die meisten der anderen Gräber im Tal sind stark verfallen. Oft stehen nur noch einzelne Stelen oder der Stelenturm. Aber die Atmosphäre abseits der Touristenmassen ist friedlich und beschaulich, also bestens geeignet für einen Spaziergang.

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