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Reiseführer Pirmasens

 

Westwall hier, Maginot-Linie dort

Ein Panzer ist am Westwallabschnitt von Niedersimten in Stellung gegangen

Ein Panzer ist am Westwallabschnitt von Niedersimten in Stellung gegangen

Zu den größenwahnsinnigen Ideen des NS-Regimes gehörte nicht nur der Atlantikwall, sondern auch der Westwall, dessen Realisierung in die Zeit zwischen 1938 und 1940 fällt. Während das Pendant auf französischer Seite, die Maginot-Linie, auch durch öffentliche Förderung erschlossen und erhalten wird, sind es zumeist private Initiativen und Vereine, die sich entlang der deutsch-französischen Grenze um die Sicherung und Zugänglichmachung des Westwalls kümmern, so auch in Niedersimten.

Nur an Wochenenden und nicht während der bis April andauernden Winterpause sind aufgrund privaten Engagements nunmehr etwa ein Kilometer unterirdische Stollengänge für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Das ist nur ein sehr bescheidener Teil der geplanten insgesamt 14 Kilometer Hohlgänge, in denen sich Maschinenhallen, ein Lazarett, Munitionsdepots und eine Kaserne für 800 Mann befanden. Wegen der vorrangigen Arbeiten am Atlantikwall wurde 1940 in Niedersimten (Pirmasens) nicht mehr weitergebaut, sodass bis dahin etwa fünf Kilometer Hohlgänge fertiggestellt waren. 18 Kampfstände sollten jeden Angriff von Südwesten aus verhindern.

Nähert man sich dem Westwall oberhalb des Dorfes Niedersimten, so stößt man beim Anstieg nicht nur auf einen Teil einer Betonpanzersperre, sondern auch auf einen Gefechtsturm und einen Panzer hinter Stacheldrahtverhau. Wer anschließend in die freigelegten Hohlgänge des Westwallmuseums eintritt, sollte sich warm anziehen, denn untertage ist es doch recht frisch.

Munitionsfunde aus dem II. Weltkrieg

Munitionsfunde aus dem II. Weltkrieg

Pläne, historische Fotos und Modelle
Pläne, historische Fotoaufnahmen wie von der Herstellung der Betonsperren gegen einen Panzerangriff, empfangen den Besucher gleich am Eingang. Zugleich erfährt man, dass Teile des Westwalls aus Sicherheitsgründen nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Es gibt aber auch noch Reste von kilometerlangen Schützengräben im Wald oder eine Bunkerruine wie bei Eppenbrunn, an die sich die Wanderer im Pfälzerwald längst gewöhnt haben.

Im Westwallmuseum veranschaulichen Modelle, wie es im Inneren des Westwalls ausgesehen hat und wie Gefechtsstationen angelegt waren, so beispielsweise der Regelbau 687 mit Pantherturm. Neben den Höckersperren aus Beton wurden zusätzlich Trägersperren errichtet, um den Westwall zu sichern.

Festungswerk Gerstfeldhöhe
Beim Besuch ist auch zu erfahren, wie das Festungswerk Gerstfeldhöhe entstand. Es war eingebunden in elf Werkgruppen, die von der Eifel bis in die Weißenburger Senke reichten. Eine Werkgruppe bestand aus unterirdisch miteinander verbundenen Kampfständen und Bunkern sowie Mannschaftsunterkünften. Aus zwei Ebenen mit neun Kilometer Stollen und einer Kasernenanlage mit vier Kilometern Hohlgängen sowie einem unterirdischen Lazarett bestand die Gerstfeldhöhe, eines der größten Festungswerke innerhalb des Westwalls. Im Hohlgangsystem, so die vorhandenen Unterlagen des Festungswerks, war eine Kaserne mit 800 Mann Besatzung vorgesehen. Bisher ist aber diese Anlage nicht entdeckt und daher auch nicht freigelegt worden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Festungswerk teilweise von den Amerikanern genutzt, nachdem zuvor die Franzosen Teile des Stollensystems gesprengt hatten. Dies machte eine Neuerrichtung in den 1950er Jahren notwendig. Ab 1952 existierte hier ein Depot für Panzer- und Flugzeugteile. Mit der Nutzung der Stollen war allerdings beim Abzug der US-Streitkräfte im Jahr 1992 Schluss.

Ein noch nicht vollständig freigelegter Tunnel im Westwallmuseum Niedersimten

Ein noch nicht vollständig freigelegter Tunnel im Westwallmuseum Niedersimten

Nicht nur Jimmy
Teilweise hat man versucht, durch Rauminszenierungen das Leben im Festungswerk nachzustellen. Zu sehen ist aber auch militärisches Gerät wie der LKW CCKW A 2 „Jimmy“, 1945 hergestellt von General Motors. Auf solchen Lastwagen wurde das Material transportiert, das die vorrückenden amerikanischen Verbände benötigten. Ausgestellt ist auch ein mittlerer Schützenpanzerwagen Sd.KfZ 251, bis 1944 bei Adler, Skoda und Auto-Union produziert. Zu sehen ist außerdem die Kampfwagenkanone KwK 43/3/L/71, die bei Abwehrkämpfen am Westwall 1944/45 im Einsatz war.

Pirmasens im Bombenhagel
Dokumentiert wird im Museum außerdem die Chronologie der Luftangriffe auf Pirmasens. Am 8. August 1944 traf es die Stadt sehr heftig. Sowohl das Stadtzentrum als auch das Winzler Viertel wurden am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Auch in den Monaten September und Oktober kam es zu Luftangriffen, darunter einem Jagdbomberangriff am 20. September. Anfang Dezember 1944 wurde der Bahnhof von Pirmasens und dessen Umgebung von 33 Bombern unter Beschuss genommen. Die Anfang Januar 1945 erfolgten Bombardements können als Reaktion auf die deutsche Offensive mit dem Namen „Unternehmen Nordwind“ angesehen werden. Sechs Angriffswellen erlebten die Pirmasenser am 15. März 1945. Dabei stand das Stadtzentrum im besonderen Fokus.

Die in einer Felskaverne zusammengetragenen Bomben und Granaten vermitteln einen Eindruck der tödlichen Fracht, die damals vom Himmel fiel. Ausgestellt ist auch das, was nach einem Luftangriff auf im Pfälzer Wald kämpfende deutsche Truppen übrig geblieben ist: ein geschmolzenes Tintenfass, Teile eines Fernmeldegeräts, scharfkantige Bombensplitter, ein geschmolzener MG-Gurt, das Stiefelmesser eines Soldaten und weitere Ausrüstungsgegenstände. Aus einem gefundenen, leserlichen Nummernschild kann man auf die Zugehörigkeit der Soldaten zur 17. SS-Panzergrenadier-Division „Götz von Berlechingen“ schließen.

Panzerabwehrgeschütz (Turm von einem WK1 Panzer) in zeitgenössischer "Tarnung", Fort Casso

Panzerabwehrgeschütz (Turm von einem WK1 Panzer)
in zeitgenössischer "Tarnung", Fort Casso

Nach einem französischen Kriegsminister benannt
Pläne für ein Befestigungswerk im Nordosten Frankreichs, entlang der Grenze mit dem Deutschen Reich, gehen bis auf das Jahr 1919 zurück. Die eigentlichen Arbeiten an dem Bollwerk gegen eine Invasion aus dem Osten fanden unter dem Kriegsminister André Maginot zwischen 1929 und 1936 statt. Beim Einmarsch der Deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs war der Befestigungsgürtel mit Einzelbunkern, Artilleriewerken und Panzersperren kein Hindernis. Die Maginot-Linie wurde von den einmarschierenden deutschen Truppen über die Niederlande und Belgien einfach umgangen. Unter den Festungswerken ist auch das aus drei Einheiten bestehende Fort Casso auf der Höhe über Rohrbach.
Ursprünglich war dieses Verteidigungswerk mit 173 Soldaten bemannt, die teilweise in einer „kleinen Stadt“ tief im Kalkfelsen von Rohrbach lebten. Unterirdische Verbindungsgänge erschlossen alle drei Blöcke der Festung, für deren Bau 500 Tonnen Stahl und 6000 Kubikmeter Beton nötig waren. Neben automatischen Waffen verfügten die Verteidiger der Höhe von Rohrbach auch über acht Panzerabwehrkanonen. Eingenommen wurde die Festung während des Zweiten Weltkriegs nicht. Die durch das Saartal nach Frankreich vorgedrungenen deutschen Einheiten umzingelten zwar das Fort im Juni 1940 und versuchten es zweimal, jedoch erfolglos, zu erstürmen. Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens wurde das Fort Casso kampflos an die Deutschen übergeben.

Heute sind die drei Festungsblöcke öffentlich zugänglich, sodass man sich ein Bild von den Lebensbedingungen der Soldaten im Fort Casso  verschaffen kann.

 

 

Weitere Informationen

Westwall-Museum Gerstfeldhöhe
http://www.westwall-museum.de

Fort Casso
http://casso.fortiff.be
(nur in Französisch)

www.casso.shorthul.com
(in Deutsch mit Bildergalerie!)

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