Die klassische Insel Teneriffa

 

Auf wenigen Kilometeren eine handvoll Klimazonen

Es gibt Inseln, die geradezu herausfordern, sie mit den Augen vom höchsten Punkt aus zu erobern. Teneriffa gehört dazu. Irgendwann macht sich ein innerlicher Drang bemerkbar, der Tag um Tag, Stunde um Stunde stärker wird, bis man schließlich dem schier unstillbaren Verlangen nachgibt, um den Gipfel des Pico del Teide zu erklimmen.

Teneriffa / Pico del Teide

Blick auf den Pico del Teide

Erklimmen? Die wenigsten nehmen die mehrstündige strapaziöse Besteigung über die Ostflanke auf sich, denn an der Südseite des Teide verkürzt eine Seilbahn den Aufstieg beträchtlich. Kabine um Kabine wird die touristische Fracht in wenigen Minuten bis fast an den Kraterrand hinaufbefördert. Nur 163 Höhenmeter trennen die Bergstation vom 3718 Meter hohen Gipfel des Vulkankegels. Dennoch kein Kinderspiel, denn es geht auf dem steilen, im Winter gar mit Schnee bedeckten Pfad nur mühsam bergauf. Spätestens hier oben muss auch derjenige, der sich nicht stundenlang in die Warteschlange der Seilbahn eingereiht hat, die für ihn traurige Erkenntnis hinnehmen, dass er hier oben leider nicht der einzige ist. Der Pico del Teide ist nicht nur der höchste Berg des kanarischen Archipels, sondern von ganz Spanien, daher muss - so scheint es jedenfalls - jeder Spanier zumindest einmal in seinem Leben zum Teide hinauf gepilgert sein.

Teneriffa / Pico del Teide

Blick auf den Pico del Teide am Horizont von Puerto de la Cruz aus betrachtet (Foto: Karl-Heinz Antelmann)

Abseits des Massentourismus

Doch es gibt eine Möglichkeit, dem Ansturm der Massen zu entgehen. Dazu muss man eine Übernachtung in der Schutzhütte Altavista einplanen und sich schon sehr zeitig auf den Weg machen, um den Sonnenaufgang auf dem Gipfel weitgehend ungestört zu erleben. Oben angekommen blicken die meisten etwas enttäuscht in den relativ kleinen elliptischen Krater, doch berauscht eine grandiose Fernsicht, die 1799 auch den großen deutschen Naturforscher und Universalgelehrten Alexander von Humboldt tief beeindruckte: "Man erblickt auf seiner Spitze nicht allein einen ungeheuren Meereshorizont, der über die höchsten Berge der benachbarten Inseln hinaufreicht, man sieht auch die Wälder von Teneriffa und die bewohnten Küstenstriche so nahe, dass noch Umrisse und Farben in den schönsten Kontrasten hervortreten."

Weingärten und Wüstenlandschaften

Jeder, der auf dem Gipfel des Teide war, hat innerhalb kürzester Zeit mehrere Klimazonen durchquert. Seinem vulkanischen Ursprung, den großen Höhenunterschieden und den regenreichen Passatwolken verdankt Teneriffa seine landschaftlichen Reize. Unweit des Teide stehen die pittoresk verwitterten Roques de García, bizarre Vulkanauswürfe, deren markantester Block, der 30 Meter hohe Roque Cinchado auf zahlreichen Photos verewigt wurde. In dem südlichen und westlichen Teil der Insel, den die Passatwinde nicht erreichen, herrscht eine karge, trockene Wüstenlandschaft vor, doch andernorts ist Teneriffas Vegetation ausgesprochen vielfältig.

Teneriffa / Masca 1

Masca Teneriffa's Westen (Foto: Karl-Heinz Antelmann)

Sie reicht von Weingärten, Kiefern- und den nebelfeuchten Lorbeerwäldern im Anagagebirge bis hin zu Hochgebirgs- und beinahe vegetationslosen subalpinen Halbwüstenformationen. Ganz oben auf den trockenen Bimssteinhängen des Vulkans greifen die Wurzeln des Teide-Veilchens tief in die Erde; nur hier auf Teneriffa wächst das zarte Pflänzchen mit seinen violetten, manchmal auch gelblichweißen Blüten.

Teneriffa / Masca 2

Masca (Foto: Karl-Heinz Antelmann)

Ein Insel-Wahhrzeichen: der Drachenbaum

Nicht zu vergessen: die Drachenbäume, charakteristische Zeugen einer archaischen Landschaft. Der Drachenbaum von Icod de los Vinos gilt neben dem Teide gar als das zweite Wahrzeichen der Insel. Mächtig ragt er mit seiner gewaltigen, schirmförmigen Krone in den Himmel. Der "Drago milenario" ist siebzehn Meter hoch und hat einem Stammumfang von sechs Metern. Über sein Alter streiten sich die Experten: Während die Lokalpatrioten mit überzeugendem Nachdruck versichern, er sei über 3000 Jahre alt, schätzen die Botaniker den Baum "nur" auf rund 600 Jahre. Eine genaue Altersbestimmung ist kaum möglich, da die wahrscheinlich zu den Liliengewächsen zählenden Drachenbäume keine Jahresringe ausbilden.

Botanisches El Dorado

Selbst tropische und subtropische Gewächse, die von Natur aus nicht auf Teneriffa heimisch sind, gedeihen prächtig: Der Jardín de Aclimatación de La Orotava am Ortsrand von Puerto de la Cruz zählt zu den Hauptattraktionen der Insel.

Teneriffa / La Orotava

Gebäudeinnenhof im Jardín de Aclimatación de La Orotava (Foto: Karl-Heinz Antelmann)

Diesen einzigartigen Botanischen Garten ließ König Carlos III. 1788 angelegen, um exotischen Pflanzen aus aller Welt die Umstellung auf das spanische Festlandklima zu erleichtern. Zwar schlug der spätere Transfer nach Spanien zumeist fehl, dafür aber entstand hier mitten im Atlantik ein kleines botanisches El Dorado.

Manchmal wird der Natur nachgeholfen ...

Teneriffa, die größte und abwechslungsreichste Insel des Kanarischen Archipels, wurde frühzeitig für den Tourismus erschlossen. Bereits seit Ende des letzten Jahrhunderts überwinterten die Engländer auf Teneriffa, die noch heute das größte Tourismuskontingent auf der Insel stellen. Doch erst in den fünfziger Jahren setzte der bis heute währende Touristenansturm ein; in Puerto de la Cruz entstanden die ersten Betonburgen. Seither wurde die Insel Stück für Stück touristisch erschlossen.

Teneriffa / Puerto de la Cruz

Blick über die Dächer von Puerto de la Cruz auf den Atlantik (Foto: Karl-Heinz Antelmann)

Vor allem der sonnenverwöhnte Süden garantiert den erwünschten Urlaubsteint. Mit den kilometerlangen Sandstränden von Fuerteventura und Gran Canaria kann Teneriffa nicht mithalten, nur das Surferparadies El Médano weist einen größeren natürlichen Sandstrand auf. Doch die Tenerifenos schafften Abhilfe: Molen wurden angelegt, um die Brandung abzuhalten, so dass sich Sand ablagern konnte. Der Magistrat von Santa Cruz ließ gar für mehr als acht Millionen Mark goldgelben Sand aus der Sahara heranschiffen, um bei San Andrés einen fast 1,5 Kilometer langen künstlichen, von Palmen gesäumten Badestrand (Playa de las Teresitas) anzulegen. Am Hafen von Puerto de la Cruz, das sich in wenigen Jahrzehnten vom Fischerdorf zum Weltbad gemausert hat, entwarf der bekannteste kanarische Künstler, das Allroundgenie César Manrique, 1977 auf einer Landzunge das Meeresschwimmbad Costa de Martiánez: eine phantasievolle künstliche Seenlandschaft mit mehreren Schwimmbecken, Wasserfällen, Palmen, Basaltinseln, Skulpturen, Bars, Restaurants und einem Nachtclub.

Insel-Karneval - rhythmische Ekstase

Im Gegensatz zu den Touristenzentren Playa de las Americas, Los Cristianos und Puerto de la Cruz wird das Leben der Inselmetropole Santa Cruz fast ausschließlich von Spaniern bestimmt. Dies wird besonders während des farbenfrohen Karnevals deutlich, der seinem südamerikanischen Vorbild in Nichts nachsteht. Auf der Plaza de España tanzen die in aufwendige Kostüme gehüllten Tenerifenos zu Hunderttausenden. Die ganze Insel befindet sich zeitweise in rhythmischer Ekstase, denn auch andernorts wird Karneval gefeiert.

Teneriffa / Los Cristianos

Hafen von Los Cristianos

Sehenswertes La Laguna

Die einstige Inselhauptstadt La Laguna ist bis heute das geistige Zentrum Teneriffas geblieben. Nur noch der Name der Stadt erinnert an den einzigen, aber seit langem ausgetrockneten kanarischen Binnensee, neben dem die Spanier 1497 wohlüberlegt die erste Stadt auf Teneriffa gründeten. Keine andere kanarische Großstadt hat ihren altspanischen Kolonialstil in vergleichbarer Weise bewahrt. Ein barocker Bischofspalast, Kirchen, Klöster sowie herrschaftliche Patrizierhäuser mit reichverzierten Portalen und holzgeschnitzten Balkonen erinnern an die ruhmvolle Vergangenheit. Bereits 1817 wurde hier die erste Universität des Kanarischen Archipels gegründet, ein Jahr später wurde La Laguna Bischofssitz. Während des Semesters verbreiten zwar mehr als 10.000 Studenten in den Bars und Restaurants von La Laguna eine ausgelassene Stimmung, doch den schmalen Straßen haftet dennoch ein beschaulicher, provinzieller Touch an.

Geheimtipp Anaga-Halbinsel

Die Anaga-Halbinsel im Norden der Insel gilt trotz der Nähe zu La Laguna und Santa Cruz de Tenerife noch fast als Geheimtipp. Nur wenige Touristen suchen das vegetationsreiche, wildzerklüftete Anagagebirge auf. Doch die tiefen, mit Farnen, Flechten und Moosen bewachsenen Schluchten und die dichten Lorbeer- und Kiefernwälder sind ein überaus lohnenswertes Ziel für ausgedehnte Wandertouren. Immer wieder stößt man auf versteckte Dörfer, die nur auf Saumpfaden erreichbar sind sowie einsame Strände. In Chinamada leben die Bewohner wie einst die Guanchen in Höhlen. Fast so, als wäre die Zeit stehen geblieben ...

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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