Reiseführer Trondheim

Von der Hafencity zum Nidaros-Dom

Trondheim, Hafen

Lassen wir Trondheims Hafen und auch das Rockheim-Museum hinter uns, um mehr von der mehr als 1000 jährigen Stadt kennenzulernen. Nach dem Queren der Bahngleise und des östlichen und westlichen Kanalhafens befinden wir uns in der Søndre gate, die geprägt wird von historistischer und gründerzeitlicher Architektur, wie wir sie auch aus anderen europäischen Großstädten kennen.

Historistische Stadtarchitektur in der Søndre gate

Wir stehen vor trutzig und burgenhaft wirkenden Gebäuden wie das heutige Thon-Hotel „Gildevangen“, das 1908 erbaut wurde, aber so gar nichts von der damals modernen Art nouveau ausstrahlt. Karl Norum zeichnete verantwortlich für das von einer gewaltigen Kuppel überwölbten Eckgebäude namens Matheson Gården im Stil des Berliner Neo-Barock. Erbaut wurde dieses beeindruckende Bauwerk an der Olav Tryggvasons gate / Ecke Søndre gate für den Kaufmann Jacob Matheson in den Jahren 1897 und 1898. Er betrieb hier das erste Kaufhaus der Stadt.

Machen wir unterwegs mal einen kleinen Abstecher in die Dronningens gate, da man hier eines der historischen Hotels der Stadt findet, das Britannia Hotel. Entstanden ist der mehrfach umgebaute Hotelbau im 18. Jahrhundert. Im wesentlich stammt das heutige Hotelgebäude jedoch aus dem 19. Jahrhundert und entstand nach Plänen des bereits zuvor erwähnten Architekten Karl Norum. In der Dronningens gate 10 fand man 1950 bei dem Bau eines Gebäudes 964 Münzen, einer der größten je in Norwegen geborgenen Münzschätze aus der Wikingerzeit. Aufgrund der gefundenen Münzen nimmt man an, dass diese nicht vor 1032 an diesem Ort vergraben wurden.

Nur wenige Schritte sind es bis zur heutigen Den Danske Bank, die ihre Bankgeschäfte in einem 1917 erbauten Kontorhaus abwickelt. Das Relief des Götterboten Hermes ziert unter dem turmartigen Gebäudeabschluss die Fassade. Vor der Bank parken einige Leihfahrräder, mit denen sich Trondheim auch per Pedalkraft erkunden lässt. Doch wir haben uns zur der Tour „Trondheim zu Fuß“ entschieden.

Übrigens: 125 Stadtfahrräder stehen in 12 Fahrradständern im Stadtzentrum von Mai bis Oktober zu einer Pedaltour zur Verfügung. Die Räder sind mit elektronischen Schlössern versehen, die mit elektronischen Karten, die in der Touristeninformation erworben werden können, geöffnet werden. Die maximale Benutzungszeit pro Fahrrad beträgt drei Stunden.

Trondheim, St. Olav-Kirche

Grablege in einer Kirchenruine im Keller der SpareBank1

Eine Bank auf „heiligem Boden“

Schräg gegenüber der Den Danske Bank befindet sich SpareBank1, ein Bankhaus, das auf „heiligem Grund“ errichtet wurde. Im Untergeschoss der Bank befinden sich die Überreste eines Kirchenbaus, von dem man zunächst annahm, es handele sich um die St.-Gregor-Kirche. Doch nachhaltige archäologische Forschungen ergaben, dass wir bei unserem Besuch vor der Ruine der St.Olav-Kirche stehen. In dieser wurde nach der Schlacht von Stiklestad der Leichnam des in der Schlacht gefallenen Königs Olav Haraldsson versteckt. Gefunden wurden die Spuren dieses im 12. Jahrhundert erbauten Sakralbaus bei Ausgrabungen zwischen 1970 und 1975. Neben den steinernen Fundamenten der wohl im 15. oder 16. Jahrhundert durch Feuer vernichteten Kirche existieren auch noch Holzstrukturen eines Sakralbaus aus dem 11. Jahrhundert. Dass die Kirche als Grablege diente, unterstreicht ein in einem Holzsarg präsentiertes Skelett. Darüber hinaus zeigt man einige bei den Grabungen entdeckte Funde wie einen kreuzförmigen Anhänger aus Blei, ein metallenes Malteserkreuz und einige Schlüssel sowie ein Beil. Wer mehr über diese Kirchenruine und deren Geschichte erfahren will, der kann auf eine audiovisuelle Präsentation auch in Deutsch zurückgreifen. Man erfährt Wissenswertes zur Kirche, aber auch über die Toten, die hier bestattet wurden sowie die Ausgrabungen in derSøndre gate 4.

Die jetzige Hauptniederlassung der SpareBank wurde 2010 über den Fundamenten der Chorapsis erbaut und für die Nachwelt erhalten. Während der Banköffnungszeiten ist der Zugang zur Kirchenruine möglich.

Mittelalterliche Überraschung in der Hauptbibliothek

Ehe wir nun zur Liebfrauenkirche in der Kongens gate laufen, machen wir noch einen Abstecher in die Stadtbibliothek in der gleichen Straße. Dabei kommen wir an einer Infotafel vorbei, die auf die Geschichte des Franziskanerklosters in der Kongens gate hinweist.

Die Ruinen dieses Klosters und der dazugehörigen Kirche sind vom Erdgeschoss der Bibliothek aus zu sehen. Auch in diesem Falle spricht man von einer Kirche des heiligen Olav wie zuvor bei den Resten der in der SpareBank1 zu findenden Kirche. Doch ob das auch zutrifft, ist mehr als ungewiss. Gewiss ist, dass auch in der Kirche und im Umfeld bestattet wurde und der Sakralbau aus dem späten 12. Jahrhundert datiert. 3000 Menschen (!), so die unglaublich klingende Information, fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

Zwischen dem 14. Jahrhundert und dem Jahr der Reformation 1537 gingen Franziskaner in der Kirche ihren Gebeten nach. Im Zuge der Reformation wurde das Eigentum der Franziskanermönche beschlagnahmt und an einen Privatmann verkauft, der hier anschließend lebte. Anstelle des Klosters wurde im 17. Jahrhundert das Alte Rathaus erbaut und im 18. Jahrhundert umgestaltet. Heute wird das klassizistisch anmutende Gebäude, das bis 1930 als Rathaus diente, als Hauptbibliothek der Stadt Trondheim genutzt. Gegenüber der Bibliothek befindet sich im ehemaligen Gebäude der Norges Bank, errichtet im 19. Jahrhundert mit einem klassizistischen Säulenportal, das Science Center, in dem man selbst ein wenig experimentieren kann.

Trondheim, Per Eggers Plass

Auf dem Per Egges Plass

Doch kehren wir noch einmal zur Hauptbibliothek zurück und durchschreiten das Erdgeschoss, um zum Per Egges Plass zu gelangen. Dort stoßen wir nicht nur auf Kunst im öffentlichen Raum, die von Bård Breivik stammt und den für die „mittelalterliche Umgebung“ passenden Titel „Nonnen und Mönche“ trägt, sondern auch auf einen Brunnenskulptur und eine Gedenkplatte, die an die ehemalige Clemens-Kirche erinnert, ein weiterer mittelalterlicher Kirchenbau, der längst verschwunden ist. Die Clemens-Kirche ist wohl die erste bekannte Kirche der Stadt. Sie wurde jedoch durch Brand im Jahr 1015 zerstört. Das mittelalterliche Trondheim besaß im Übrigen einst 14 Kirchen, von denen nur noch die Liebfrauenkirche und der Dom erhalten geblieben sind.

Leiv Eiriksson war hier

Folgte man der schmalen Straße Schjoldagerveita hinter der Hauptbibliothek, so käme man zum Denkmal für Leiv Eiriksson in der Krambuveita. Die Stelle markiert den ehemaligen Hafen von Kaupangen (Trondheim) namens Skiparok. Die Skulptur besteht aus zwei Teilen. Ein Teil ist ein gebogener 50 Tonnen schwerer Granitblock, der andere eine Spiralform. Von Skiparok aus soll der wohl aus Island stammende Leiv Eiriksson seine Schiffsreise ins legendäre Vinland begonnen haben. Dabei handelte es sich um einen Teil des nördlichen Nordamerikas, der durch diesen Wikinger Jahrhunderte vor Kolumbus entdeckt wurde.

Trondheim, Denkmal für Leiv Eiriksson

Denkmal für den Amerika-Entdecker Leiv Eiriksson

Ein norwegischer Seeheld und eine „Armenkirche“

Wollen wir diese kleine geschichtliche Exkursion auslassen, so begeben wir uns als Nächstes von der Hauptbibliothek über die Kongensgate zum Tordenskioldparken, wo eine Skulptur von Hermann Vilhelm Bissen an den norwegischen Seehelden Peter Wessel Tordenskjold erinnert, der sich im Großen Nordischen Krieg Verdienste erworben hatte. Neben dem Park steht die Liebfrauenkirche (Vår Frue Kirke). Sie ist heute eine offene Kirche und Anziehungspunkt für alle die, die am Rande der Gesellschaft leben. Die Kirche wurde früher auch „Jüngere Marienkirche“ genannt und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Wenn auch dieser Sakralbau mehrfach durch Brand zerstört wurde, so ist der Bau im Kern noch erhalten. Der Turm allerdings ist ein Kind des späten 18. Jahrhunderts. Auch die Innenausstattung mit der romantischen Orgel von 1921/22 ist das Kind einer anderen Zeit. Deren Prospekt allerdings stammt von 1771.

Trondheim, Liebfrauenkirche

In der Liebfrauenkirche

Unterwegs „stolpern“ wir über die Skulptur „Hjallis“ von Per Ung, mit dem der Künstler einem der norwegischen Helden des Wintersports ein Denkmal gesetzt hat. Es handelt sich um Hjalmar Johan Andersen. Von 1950 bis 1952 war er der weltbeste Eisschnellläufer und gewann drei Mal den Weltmeistertitel. Bei den Olympischen Spielen in Oslo siegte er 1952 über 1500 Meter, 5000 Meter und 10.000 Meter. Auch den Sommergården passieren wir. Einst wurde das Haus für den Hoflieferanten und Apotheker Otto Sommer im 18. Jahrhundert erbaut. Heute kann man hier bei „Agot Lian“ lecker essen, auch bisweilen Walfleisch, wenn man denn möchte, aber auch Heringsplatte, Fish 'N Chips oder Sandwiches belegt mit Garnelen und Fisch. Na dann, Guten Appetit!

Trondheim, Torvet

Auf dem Torvet

Als Nächstes steuern wir den Torvet, den Marktplatz der Stadt, an. Hier thront auf einer hohen Säule der Stadtgründer Olav Tryggvason. Ausgestattet mit Helm, Schwert und Kettenhemd schaut er über die Stadt, dank sei dem Bildhauer Wilhelm Rasmussen, der dieses Denkmal 1921 schuf. Machen wir von hier aus noch einen Abstecher zum Stiftsgården, ehe wir uns zum Nidaros-Dom begeben.

Der Stiftsgården war ursprünglich die Residenz der Witwe und Kammerherrin Cecilie Christine Schöller, die über 140 Zimmer verfügen konnte. Architektonisch vermischen sich in diesem Holzgebäude Rokoko und Klassizismus. Während die Fassade zur Straße hin verändert wurde, ist die der Hofseite noch im Original und mit vierteiligen Fenstern erhalten geblieben. Ob die reichen Ausschmückungen im Inneren des Hauses, ob Malereien oder Stuckarbeiten tatsächlich von einem Künstler aus Rendsburg stammen, ist nicht gewiss. Im ehemaligen Palais der Frau Schöller residierte nach ihrer Gründung im Jahr 1816 die Norwegische Bank. Hier nächtigte aber auch der dänische Statthalten in Norwegen, der spätere dänische König Christian VIII. Die letzte Krönung eines Monarchen fand 1906 statt, als Håkon VII. den norwegischen Thron bestieg.

Trondheim, Tinghus, Thinghaus

Relief im Eingangsbereich des Tinghus

Laufen wir nachfolgend die Munkegate entlang, so kommen wir am Kunstindustriemuseum vorbei, in dem vor allem die Raumkunst von Henry van de Velde und die Wandteppiche von Hannah Ryggen zu bewundern sind. Gegenüber des unscheinbaren Backsteinbaus entdeckt man das Thinghaus (Tinghus), das zwischen 1939 und 1951 errichtet wurde. Dessen Eingangsbereich ist reich mit bunten Figurenreliefs dekoriert. Sie zeigen uns Persönlichkeiten aus der Geschichte der Stadt und Region. So finden wir unter anderem den bereits erwähnten Seehelden Peter Wessel Tordenskjold, aber auch den Reichskanzler Ove Bjelke und den Erzbischof Jon Raude. Zu sehen sind auch szenische Motive, die dem Leben der Fischer und Arbeiter von Trondheim gewidmet sind. Erbaut wurde es, um Platz für das Obergericht der Stadt zu schaffen. In diesem Gericht fand auch der Prozess gegen den stadtbekannten Nazi und Kollaborateur Henry Rinnan satt, der wegen seiner Machenschaften während der deutschen Besetzung Norwegens 1946 zum Tode verurteilt wurde.

Folgen wir der Munkegate so gelangen wir, indem wir an den Kommandantur-Gebäuden vorbeilaufen, zum Nidaros-Dom, d e r Sehenswürdigkeit der Stadt schlechthin. Hinter dem Dom befinden sich die Rüstkammer mit dem Widerstandsmuseum, das sich insbesondere dem Teil der Stadtgeschichte nach der deutschen Besatzung widmet, und das Palais des Erzbischofs. Der älteste Teil dieses Bauwerks geht auf die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts zurück und war damals die Residenz des Erzbischofs Øystein Erlendsson, dessen Porträt man an der Westfassade des Doms entdecken kann.

Trondheim, Nidaros- Dom

Der Nidaros-Dom

In der Umgebung des Doms befindet sich nicht nur das Jüdische Museum, sondern auch das Kunstmuseum, dessen Wechselausstellung weit über Trondheim hinaus den Ruf des Hauses begründen.

Im Umfeld des Museums stoßen Besucher auf Kunst im öffentlichen Raum: Wir entdecken nicht nur die Statue von Håkon VII., eine Arbeit von Stinius Fredriksen, sondern auch eine pyramidenförmige Skulptur, die Himmel und Erde symbolisiert und von Bjørne Nørgaard 1988 geschaffen wurde.

Wenn wir uns in die Bispegata begeben, dann kommen wir zum Thomas Angells Hus. Gestiftet wurde es von einem der reichsten Bürger Trondheims, von Thomas Angell. Er hatte im 18. Jahrhundert sein Vermögen - man sprach von drei Tonnen Gold - den „Armen der Stadt“ vermacht. Mit dem Vermächtnis konnte unter anderem eine Waisenhausstiftung ins Leben gerufen werden. Was wir allerdings in der Bispegata sehen, sind Stiftswohnungen, die den wohlhabenden Bürgern vorbehalten waren.

Trondheim, Thomas Angells Hus

Thomas Angells Hus

Wer anschließend über die Kjøpmannnsgata in Richtung Hafen zurückläuft, der passiert unzählige Speicher entlang des Flusses Nid und kann hinüber nach Bakklandet blicken und einen ersten Blick auf die Festung Kristiansten werfen.

Informationen
http://www.trondheim.no/engelsk/touristinfo/
www.visittrondheim.no

Thon Hotel Gildevangen http://www.thonhotels.com/de/hotels/lander/norwegen/trondheim/thon-hotel-gildevangen/

Trondheim Hauptbibliothek http://www.trondheim.kommune.no/content/1117706094/Hovedbiblioteket

Science Center
http://www.vitensenteret.com/ (Nur in Norwegisch!!)

Restaurant Agot Lian
http://www.agotlian.no/

Trondheim Kunstindustrimuseum
http://www.nkim.no/

Trondheim Kunstmuseum
http://trondheimkunstmuseum.no/

Danksagung
Die Recherche für diesen Reiseführer wurde aufgrund der freundlichen Unterstützung von Visit Trondheim AS möglich. Zugleich gilt der Dank den Mitarbeitern des Jüdischen Museums, von Rockheim, dem Kunstgewerbemuseum, dem Ringve Museum und dem Trøndelag Folkemuseum, die mich bei meinen Besuchen begleiteten und mit entsprechenden Informationen versorgten. Für die Überlassung einer Nikon-Kamera danke ich Trampolin PR in Östersund.