Büyük Hamam
Das große türkische Dampfbad, der Büyük Hamam, macht durch einen gotischen Portalbogen auf sich aufmerksam, der, selbst für Laien erkennbar, nicht fachgerecht verbaut wurde. Offenbar entstammt er einem anderen mittelalterlichen Bau. Welcher das war, ist ebenso wenig geklärt, wie der bauliche Ursprung des Badehauses. Daß der Hamam auf den Ruinen einer mittelalterlichen Kirche "St. Georg der Lateiner" errichtet wurde, wie meistens geschrieben wird, ist nicht mehr als eine vage Vermutung. Als nächstes fällt die geradezu dramatische "Tieflage" des Gebäudes auf. Dabei ist es nicht etwa in den Boden versunken, sondern steht auf dem mittelalterlichen Straßenniveau, das durch den Trümmerschutt der Stadt nach und nach ringsum bis zu zweieinhalb Meter anwuchs.
Der Hamam wird noch betrieben und Neugierige sollten nicht zögern,
die Bekanntschaft mit dem anfangs etwas fremdartigen, dann aber um
so wohltuender wirkenden türkischen Badezeremoniell zu machen.
Das darf ruhig Stunden dauern. Es heißt, Frauen hätten
hier früher oft den ganzen Tag verbracht. Dennoch ist nicht zu
befürchten, was ein englischer Reisender 1820 festzustellen meinte,
dass nämlich den türkischen Frauen von Nicosia die
Hälfte ihres Liebreizes abhanden komme, was eine Folge der allzu
häufigen Frequentierung des Bades sei, dem Feind weiblicher Reize
in den ganzen Levante. . . eine Stimme Europas, das in jener Zeit
regelmäßiges Baden und Waschen noch für überflüssig
hielt und unangenehmen Ausdünstungen mit Puder und Parfüm
begegnete.
Osmanische Hamams sind Fortentwicklungen der prunkvollen römischen
und byzantinischen Thermen. Körperlicher Hygiene wurde auch in
der muslimischen Gesellschaft besonderer Wert beigemessen. So gehörten
öffentliche und private Badeanlagen zu den selbstverständlichen
Einrichtungen der islamischen Stadt.
Ein Badespaß
Ein quadratischer, unbeheizter Vorraum (camekan) empfängt den Besucher. Bei den Römern hieß er Apodyterium und diente wie seine Nachfolger als Umkleide- und Ruheraum. Hier regiert der Besitzer oder Pächter, kassiert Eintrittsgeld, verteilt Badetücher und -sandalen, verkauft Erfrischungen. Ein kleiner Übergangsraum bereitet den Gast bei Temperaturen von etwa 25 Grad auf die Hitze des angrenzenden Schwitzraumes vor und wird ihm nach dem Bad die Umstellung auf die Außentemperatur erleichtern.
Heißer Dampf schlägt dem Badelustigen im Hauptraum (türk.: hararet, röm.: caldarium) des Hamams entgegen. Hoch über ihm wölbt sich eine Kuppel mit den für orientalische Bäder so typischen Glaseinsätzen. Gedämpftes Licht fällt in den Raum, polychrom gefärbt von den wabernden Dampfschwaden unter der Kuppel. In seinen vier überwölbten Ecken sind Sudatorien (Heißräume) eingerichtet. Hier entwickeln sich Temperaturen von über 40 Grad, die nur noch wenige Besucher über sich ergehen lassen. Die Schwitzintensität bei 35 bis 38 Grad auf dem achteckigen "Nabelstein" (göbektasi) im Zentrum des hararet reicht den allermeisten. Die Platte haben sie erklommen, nachdem sie sich zuvor auf den seitlichen Bänken ausgiebig mit Seife und Wasser traktiert hatten. Auf der Marmorplatte kann man sich bequem lagern und ausgiebig schwitzen oder den Badediener (tellak) an die Platte zur Massage bitten. Mancher unnötig vorgewarnte Badegast lässt sich auf die Prozedur gar nicht erst ein, mögen auch alle, die sie über sich ergehen ließen, noch so verklärt von ihrem unglaublichen Wohlbefinden erzählen, von ihrer weichen Babyhaut, entspannten Gliedmaßen, geschmeidigen Sehnen und (wieder) beweglichen Gelenken schwärmen, die ihnen der tellak, "bewaffnet" mit einem Frottier-Handschuh aus kurzgeschorenem Ziegenfell, herbeimassierte.