Hellim
Ob er seinen Ursprung in Zypern hat, wo er schon seit 2.000 Jahren die Herzen der Genießer höher schlagen lasse, wie manche Einheimische steif und fest behaupten, oder ob er nicht doch der Abkömmling eines „Beduinenkäses“ ist, der vor Zeiten von den Schafhirten nahöstlicher Wüstenregionen kreiert wurde, sei dahingestellt. Unstreitig gehört Hellim zur zyperntürkischen und –griechischen Küche (wo man ihn „Halloumi“ nennt) wie Appenzeller zur eidgenössischen und Roquefort zur Esskultur in der Languedoc.
Reiseführer und Feinschmeckerjournale machen es sich etwas einfach, wenn sie den Sonderling aus Zypern in die Nähe des italienischen Mozzarella- oder gar des griechischen Feta-Käses rücken. Gemeinsam ist ihnen allein die weiße Farbe und ganz frischer, noch warmer Hellim mag ein wenig dem Geschmack der Mozzarella ähneln. Doch ausgereift unterscheidet er sich deutlich in seiner Konsistenz (er weist eine „leicht gummifeste Textur“ auf, man kann ihn reiben, unter Hitzeeinwirkung schmilzt er nicht), in seinem herzhaft-salzigen Geschmack und nicht zuletzt in seiner rechteckigen Form.
Hellim – ein Multitalent . . .
. . . dessen Qualitäten auch die Feinschmecker in Saudi-Arabien
und Jordanien, in Kuwait und im Libanon zu schätzen wissen! Über
130 Tonnen Hellim exportiert Nordzypern jährlich in diese Länder,
obwohl die Konkurrenz wächst, seit Dänemark, Bulgarien und
Rumänien mit ihren Hellim-Kopien auf den Markt drängen. Auch
der Libanon produziert traditionell den Hellim (liegen hier vielleicht
seine Ursprünge? „Hallum“ nennt man ihn und bestreut
ihn mit Schwarzkümmel) und in den klassischen Auswandererländern
der Zyprer, in den USA und Australien, kann man ihm in Restaurants mit
levantinischer Küche als „Haloumi“ bzw. „Halloumy“ begegnen.
Hellim ist Bestandteil jeder zyprischen Vorspeisentafel, frisch in Scheiben
geschnitten, meistens aber gegrillt (auch in der Pfanne ohne Fett gebraten),
wobei er am besten sein einzigartiges Aroma entfaltet (mit einigen Tropfen
Zitronensaft darüber, ein wenig frisch gemahlenem Pfeffer, einigen
Blättchen Petersilie, frischem Brot). Er lässt sich wie Parmesan
reiben und über Spaghettigerichte streuen oder mit Eiern zu einem
leckeren Käseomelett verarbeiten. Er füllt Pasteten, gibt Fischsaucen
den letzten Pfiff und in kleine Würfel geschnitten, verfeinert er
die Tarhana çorbasi, eine kräftige Suppe, mit der sich das
schwer arbeitende Landvolk schon am Morgen stärkt. Und nicht zu
vergessen: Imam bayildi („der Imam fiel in Ohnmacht“ … vor
Entzücken über dieses Auberginengericht), das als delikate
Krönung mit einem Hauch geriebenem Hellim überzogen wird, schließlich:
Marinierter Hellim, wozu man den Käse würfelt, in eine flache
Schüssel gibt und mit roten, entkernten und kleingeschnittenen Chilischoten,
leicht zerdrückten grünen Pfefferkörnern und kleinen Thymianzweigen
belegt, dann mit Olivenöl übergießt bis alle Zutaten
von Öl bedeckt sind. An kühlem Ort lässt man den Käse
abgedeckt 48 Stunden ruhen, dann darf zugelangt werden. Und zu guter
Letzt noch eine Delikatesse für Süßmäuler, die „Hellim
böregi“ heißt: Ein Teig wird mit Ei, gehackter Minze
und geriebenem Hellim gefüllt, in Quadrate geschnitten, in Öl
gebacken und mit reichlich Honig serviert.
Von der Milch zum Käse
Ursprünglich wurde Hellim aus Schafsmilch hergestellt. Später ging man dazu über, auch Ziegen- und vor allem Kuhmilch zu verwenden, auch Mischungen verschiedener Milchsorten waren nicht unüblich. Die großen Molkereien verarbeiten heute fast durchweg reine Kuhmilch. Ihr industriell hergestellter Hellim (der übrigens hervorragend schmeckt) beherrscht seit langem den Markt. Die kleinen traditionellen Bauernkäsereien, die es noch gibt, deren Zahl aber stetig abnimmt, könnten gar nicht den wachsenden Bedarf decken. So produzieren sie fast nur noch für den eigenen Verbrauch.
Die traditionelle Art der Zubereitung kennt mehrere Varianten. Milch wird in einem großen Topf oder Kessel erhitzt und Lab, das eiweißspaltende Enzym aus Kälbermägen (oder auch pflanzliches Lab), dazugerührt. Es sorgt dafür, dass die Milch „dickgelegt“ wird (gerinnt). Der quarkähnliche „Bruch“ wandert entweder in kleine handgeflochtene Körbe zum Abtropfen der Molke oder er wird in Mulltüchern ausgepresst bzw. auf einem mit einem Stein beschwerten Brett ausgedrückt. Danach wird die aufgefangene Molke erneut erhitzt, die vorgeformten Käsestücke hineingegeben und eine Zeitlang geköchelt, bis sie an die Oberfläche steigen. Nun ist ein erfahrenes Händchen gefragt, das dem Käse seine besondere Geschmacksnote gibt. Dazu wird eine Seite leicht gesalzen und mit gehackter Minze bestreut, dann gefaltet (zur Hälfte übergeschlagen), vorsichtig flachgedrückt und auch auf den Außenseiten leicht gesalzen.
In Glasballons gestapelt und mit gesalzener Molke bedeckt, hält
sich der Käse 6 – 8 Wochen. Allerdings wird er dann auch immer
salziger. Dagegen gibt es Abhilfe: Die Käsestücke unter klarem
Wasser abspülen und einige Zeit in Milch legen.
Industriell hergestellter Hellim wird in Folie eingeschweißt und
lässt sich als ausgefallenes Mitbringsel problemlos im Reisegepäck
verstauen.