Kapernstrauch, Capparis spinosa
Er bevorzugt die denkbar unwirtlichsten Standorte: Aus engsten Felsritzen zwängt er sich ans Licht, gedeiht offenbar prächtig in antikem Gemäuer und auf steinigem Brachland, selbst an Straßenrändern, in innigem Kontakt mit dem sommerheißen Teerbelag, zeigt er sein geradezu provozierend frisches Dunkelgrün. Die Sträucher wachsen niedrig, kaum höher als einen Meter, ihre über den Boden kriechenden Zweige erreichen nicht selten vier Meter Länge. Sie sind mit fleischigen (wasserspeichernden), eiförmigen Blättern besetzt, die am Zweigansatz zwei gekrümmte Nebenblattdornen ausbilden, kleinen zwar, aber gehörig piekenden, wovon Kapernpflücker ein Lied singen können.
Kapernblüte und -knospen
Immer wieder mal erregen die gebückten Gestalten, einen Beutel in der Hand und an der unbekannten Pflanze behutsam zupfend, die Neugier der Fremden. Selbst auf normalerweise "verbotenes" Hotelgelände sieht man die "Strauchdiebe" vordringen, nur um sich in den Besitz einer kleinen Köstlichkeit zu bringen: der noch ungeöffneten Knospen des Kapernstrauchs. Da sie so begehrt sind und ihre Ernte sich mancherorts schon als eine Art Volkssport etabliert hat, wird man die 5 - 7 cm großen, traumhaft schönen Blüten nur selten zu Gesicht bekommen, zumal das zarte Gebilde nach nur wenigen Stunden wieder in sich zusammenfällt. Es zeigt vier Kelchblätter und vier weiße Kronblätter, ungewöhnlich lange Staubfäden (mal violett, mal weiß) und einen langgestielten Fruchtknoten.
Wie aus Blütenknospen eine Delikatesse wird
Es
sind also die kleinen, noch nicht geöffneten Blütenknospen,
die soviel Begehrlichkeit wecken. Rund um das Mittelmeer sind sie seit
Generationen ein Teil des Küchenalltags. Sie werden in mühevoller
Handarbeit gepflückt, dann ausgebreitet, um sie etwas welken zu
lassen. Nach dem Welkvorgang erhalten sie je nach Verwendungsart eine
spezielle Behandlung. Sie werden eingesalzen und nehmen erst dann ihr
typisches herbwürziges Aroma an, das durch ein Senföl-Glykosid
hervorgerufen wird. Kenner meinen, dass allein die eingesalzenen Kapern
ein unverfälschtes "Kapern-Aroma" entwickeln. Deshalb sollten
auch mediterrane Gerichte stets nur mit Salzkapern zubereitet werden.
Als zweitbeste Lösung gelten in Öl eingelegte Kapern, nicht
in Frage kommen dagegen die Essigkapern, die hierzulande gebräuchlich
sind.
Kapern für den Export werden morgens von den Sträuchern gezupft,
anschließend handverlesen und nach Größen sortiert.
Dass die kleinsten die feinsten sind, hat sich als Faustregel durchgesetzt.
Eine andere sagt, dass gute Kapern aller Größen fest sein
müssen. Südfrankreich, neben Spanien und den nordafrikanischen
Ländern Hauptproduzent, gibt die Richtung an, setzt die Maßstäbe,
hat die französische Sprache zum international gültigen Kapern-Idiom
gemacht. So heißen die kleinsten und wertvollsten, gerade pfefferkorngroßen
Kapern "Nonpareilles", gefolgt von den Größen "Surfines",
"Fines" bis zu "Capottes" und "Communes", letztere fünf- bis sechsmal
schwerer als die "Nonpareilles".
Verwendung
In
türkischen und italienischen Läden bekommt man auch bei
uns eingesalzene Sorten. Feinkostgeschäfte führen teure,
kleine Sorten wie "Nonpareilles" und "Surfines" und jeder Supermarkt
hat sein Sortiment preiswerter, großer Kapern, abgefüllt
in Plastik- oder Glasfläschchen und in Essig schwimmend. Sie passen
gut zu Speisen , die Säure vertragen wie die Sauce für Königsberger
Klopse, Remouladen, Sahnesauce für Hühnerfrikassee oder eine
Vinaigrette für Blattsalate. Dagegen sind eingesalzene oder in Öl
eingelegte Kapern die richtige Zutat für mediterrane Fischeintöpfe,
für Fleischgerichte von Kaninchen, Kalb und Geflügel und
die Olivenpaste "Tapenade".
Ob mitteleuropäische Küche oder mediterrane: In jedem Fall
dürfen die Kapern nicht mitgekocht werden, da sie an Würze
verlieren und weich und matschig werden. Man verfährt richtig,
wenn sie warmen Gerichten erst zum Schluss beigegeben werden.
Eine Besonderheit ist aus Zypern zu vermelden. Hier werden sogar die
zarten Zweigenden des Kapernstrauchs verwendet, die man zunächst
entdornt, dann für mindestens drei Tage in Salzwasser legt, das
täglich gewechselt werden muss. Am vierten Tag (oder auch später)
spült man sie mit klarem Wasser ab und gibt sie in ein sauberes,
trockenes Gefäß, das mit Weißweinessig aufgefüllt
wird. Nach drei bis vier Wochen Ruhe- und Reifezeit haben Blätter
und Knospen ein optimales Aroma gewonnen und können nun genüsslich
von den Zweigen gezupft werden.
Kapernfrüchte ("Cornichons de Caprier") sind bei uns noch wenig
bekannt. Es sind die unreifen Früchte des Kapernstrauchs, die
sich aus den Blüten zu einer vielsamigen, länglichen Beere
entwickelt haben. Man erkennt sie an ihrem langen Stiel und ihrer pflaumenartigen
Form. Sie werden eingelegt und in Größen von 13 bis über
20 mm gehandelt und wie bei den Kapern gilt: je kleiner, desto feiner.
Zurück zu den Kapern. Dass sie herzhafte Gerichte verfeinern, appetitanregend und verdauungsfördernd wirken, ist allgemein bekannt. Dass sie auch eine Heilwirkung entfalten können, wird von Kräuterkundigen behauptet. Knospen und Wurzeln sollen sich als antiseptisches und urintreibendes Mittel bewährt haben. Auch bei der raschen Überwindung von Erkältungen und der Behandlung von Augeninfektionen seien sie hilfreich, heißt es. Besonders bei Problemen mit der Milz wie Verhärtungen, Schwellungen oder Verstopfungen hätten innere und äußere Anwendungen mit Kapernauszügen zu Erfolgen geführt.