Reiseführer Rom

Götter, Helden und ein Brüderpaar

Die sagenumwobenen Anfänge Roms

Mit Romulus und Remus, so will es die Legende, soll alles angefangen haben. Von dem Historiker Livius erfahren wir aber, dass nach dem Willen der Götter Aeneas der Stammvater Roms werden sollte.
Romulus und Remus

Foto: © fabiomax - Fotolia.com


Mit Hektor zählte er zu den tapfersten Helden des Trojanischen Krieges. Er war die Frucht einer vom olympischen Zeus arrangierten Begegnung zwischen dem sterblichen Anchises und der Göttin Aphrodite, die als Venus im römischen Götterhimmel weiter lebte. Aeneas floh aus dem brennenden Troja, auf seinen Schultern den alten Vater tragend, an seine Beine geklammert sein kleiner Sohn Ascanius (so die Fluchtszene, wie sie Gian Lorenzo Bernini 1618/19 als Marmorskulptur schuf, zu bewundern in Roms Galleria Borghese).

Den Einflüsterungen der Götter und den Naturgewalten ausgesetzt, treiben sie hilflos im Mittelmeer, mit ihnen noch eine Handvoll Gefolgsleute. Im Karthago der Königin Dido haben sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Die Herrscherin findet Gefallen an Aeneas, doch die Götter sind auf der Hut. Merkur, von Jupiter alarmiert, erinnert Aeneas an seine Mission, die italische Küste zu erreichen und dort eine Stadt zu gründen. Zurück bleibt die verzweifelte Dido. Sie nimmt sich das Leben – ein böses Omen, wie man später in Rom sagen wird: Der Beginn einer dauerhaften Feindschaft zwischen Karthago und Rom.

Aeneas erreicht nach langer Irrfahrt die Gestade Italiens, wo er auf den Herrscher Latinus trifft, der ihm seine Tochter Lavinia verspricht. In der nun folgenden Auseinandersetzung mit Rivalen siegt Aeneas mit Hilfe griechischer und etruskischer Bundesgenossen. Er heiratet Lavinia, gründet die Stadt Lavinium (heute: Pratica di Mare, Ortsteil von Pomezia, 30 km südlich von Rom) und herrscht in Frieden über die eingewanderten Trojaner und die hier ansässigen Latiner. Jahrzehnte später gründet sein Sohn Ascanius, nunmehr König der Latiner, die Stadt Alba Longa (heute: Albano) in den Albaner Bergen in Sichtweite Roms. (Ascanius trug nach seiner troischen Heimat Ilion auch den Namen Ilos und bald darauf Iulus. So wird er zum Ahnherrn des römischen Patriziergeschlechts der Julier, dessen bedeutendster Angehöriger Gaius Iulius Caesar war.)



Thronwirren stiften viele Generationen nach Ascanius Unruhe im kleinen Königreich der Latiner. Ein König Amulius reißt die Krone an sich, verstößt den legitimen Herrscher, seinen Bruder Numitor, tötet dessen Söhne und macht Numitors Tochter Rhea Silvia zu einer der Keuschheit verpflichteten Vestalin. Für den machtgierigen Amulius scheint der Weg frei zu sein, doch wieder interveniert die Götterwelt, diesmal in Person des italischen Kriegsgottes Mars, der Numitors Tochter, die Vestalin, schwängert. Sie bringt zum Entsetzen des Amulius die Zwillinge Romulus und Remus zur Welt. Er greift sich die Neugeborenen und setzt sie in einer Zinkwanne im Sumpfgebiet unterhalb des Palatin aus. Ihr guter Geist ist der Flussgott Tiberinus, der die Kinder rettet. Eine Wölfin nimmt sich ihrer an, später kommen sie in die Obhut der Familie des Hirten Faustulus. Romulus und Remus wachsen heran, als sie sich stark genug fühlen, stellen sie die alte Ordnung wieder her. Ihr Großvater Numitor kehrt auf den Thron zurück, Amulius wird getötet und die Zwillinge gründen am Ort ihrer wundersamen Errettung ihre Stadt: Rom. Sogleich beginnt Romulus mit der Aufteilung, zieht Furchen, errichtet Mauern und wahrscheinlich geschieht es im Streit um die Festlegung der Stadtgrenzen, dass Romulus seinen Bruder Remus erschlägt. Romulus herrscht lange über „sein“ Rom, steigt nach seinem Tod in die Götterwelt auf und wird unter dem Namen Quirinus verehrt.

Rom entwickelt sich schnell. Männer aus allen Landesteilen, Tatkräftige, Glückssucher, Taugenichtse, strömen in die Stadt. Doch hier herrscht Frauenmangel. Um dem abzuhelfen, greifen die Römer zu einer List. Sie laden die benachbarten Sabiner zu einem Fest ein, bemächtigen sich dort der sabinischen Frauen (das berühmte Kunstmotiv „Der Raub der Sabinerinnen“), Krieg scheint unvermeidlich, doch die Frauen schlichten zwischen den kampfbereiten Parteien. Darauf soll dauerhafter Frieden eingekehrt sein.

Soweit der an Personen und Ereignissen reiche Mythos von der Gründung Roms.

Palatin

Auf dem Palatin (Foto: © MARBO - Fotolia.com)


Was die Entstehungszeit der Stadt am Tiber angeht, hat sich der römische Gelehrte Marcus Terentius Varro (116 – 27 v. Chr.) weit vorgewagt. Nach einer von ihm erdachten Berechnungsmethode bestimmte er das Gründungsdatum Roms auf den 21. April 753 v. Chr. Mit diesem Tag beginnt die Zeitskala des Römischen Kalenders, lat. ab urbe condita = „von der Gründung der Stadt an“. Spuren in der römischen Erde berichten freilich von Siedlungen, die sich bis in das 14. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen lassen. Auf dem Palatin etwa fand man die Überreste einer latinischen Anlage aus dem 10. vorchristlichen Jahrhundert. Deutlich wird aber auch, das diese Siedlungen der Bronze- und Eisenzeit um 750 v. Chr. sich zu einem städtischen Gebilde verdichteten, womöglich unter einem Herrscher mit Namen Romulus und ganz nahe dem ominösen Jahr „753“. Im Spätherbst 2007 berichtete der italienische Archäologe Andrea Carandini, ein Spezialist für die Frühzeit Roms, von einem Ereignis, das er „eine der großartigsten Entdeckungen, die jemals gemacht wurden“ nannte. Er war sich sicher, die „Lupercale“ gefunden zu haben, eine Höhle im Palatin-Hügel, in welcher der Legende nach Romulus und Remus von der Wölfin gesäugt wurden. In 16 m Tiefe stießen die Ausgräber auf jene Grotte – 8 m hoch und 7,50 m im Durchmesser – die man nur aus antiken Schriften als bedeutendste Kultstätte, als Keimzelle der Stadt kannte. . .





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