Reiseführer Rom

Die Basilika – Urform des Kirchenbaus

Das Stadtbild Roms war in der Spätantike – etwa zur Zeit Kaiser Konstantins Anfang des 4. Jahrhunderts – von heidnischen Traditionen geprägt. Die Christengemeinde war noch vergleichsweise klein. Abhängig von der Gunst der Kaiser, führte sie ein unauffälliges Dasein. Ihre Versammlungen und Kulthandlungen hielt sie in Privaträumen ab, solange ihr die Anerkennung als Glaubensgemeinschaft versagt blieb. Erst die Zusicherung voller Religionsfreiheit durch die sog. „Mailänder Vereinbarung“ zwischen Kaiser Konstantin, Herrscher des Westens, und Licinius, Kaiser der östlichen Reichshälfte, im Jahre 313, erlaubte es den Christen, unbehelligt ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen und ihren Glauben öffentlich zu leben.

Basilika Santa Sabina auf derm Aventin-Hügel

Basilika Santa Sabina auf dem Aventin-Hügel, erbaut 422-440


Dass sie zu diesem Zeitpunkt noch über keine repräsentativen Sakralbauten verfügten, lässt sich auch aus ihrer Glaubenshaltung ableiten: Zu den Gottesdiensten kamen die Gemeinden stets in schlichten, geschlossenen Räumen zusammen, reinen Versammlungsstätten, die nicht als Haus Gottes angesehen wurden, hatte sie doch die Apostelgeschichte gelehrt, dass kein von Menschenhand errichteter Bau Gottes Haus sein könne.

Diese strenge Auslegung schien Kaiser Konstantin zu lockern, als er den Bau der Lateranbasilika (San Giovanni in Laterano) bald nach 313 in Auftrag gab. Ihre Fassade trägt die lateinische Inschrift Mater et Caput Omnium Ecclesiarum Urbis et Orbis (Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises). Ein Zusatz erläutert diese starke  Aussage: Sie gehe auf „päpstliche und kaiserliche Dogmen“ zurück und sei „bestätigt im Namen des Heilands“.

Es entstand die erste monumentale Basilika nach dem Willen des zum Christen gewordenen Kaisers, ein fünfschiffiges Gotteshaus mit einem breiten Mittelschiff, das durch einen Lichtgaden überhöht war. Die anliegenden Seitenschiffe stuften sich jeweils in der Höhe ab, Säulenarkaden trennten sie untereinander. Über allen Schiffen erhob sich ein offener Dachstuhl. Während das Äußere auffallend schlicht in Ziegelmauerwerk ausgeführt wurde, erhielt der Innenraum eine reiche Ausstattung durch Mosaiken, Marmorinkrustation und die Verwendung von Säulen und Bauornamenten antiker Gebäude.



Die Lateranbasilika und in der Folge unzählige weitere Kirchen hatten die antike römische Basilika zum Vorbild. Ihr Prototyp war die im 2. Jahrhundert v. Chr. auf dem Forum Romanum erbaute und später zerstörte Basilica Aemilia, ein Vielzweckbau und überdachter Raum für alles, was auf dem Forum abgewickelt wurde, von Versammlungen über Warenverkauf bis zu Geldgeschäften. Die Basilica Aemilia präsentierte sich als Kastenbau mit einem höher und breiter aufragenden Mittelschiff und zu beiden Seiten schmaleren und niedrigeren Seitenschiffen. Säulenreihen trennten den Innenraum in drei (in anderen Fällen fünf) Längsschiffe.

Diesem Bautypus folgten nach der Lateranbasilika (der man ihre ursprüngliche Gestalt wegen späterer Umbauungen nicht mehr ansieht) noch im gleichen Jahrhundert San Paolo fuori le Mura, Santa Balbina, Santa Pudenzia und im frühen 5. Jahrhundert Santi Giovanni e Paolo, Santa Sabina und Santa Maria Maggiore, um nur die bedeutendsten zu nennen.

Die griechische Bezeichnung „Basilika“ (basilikós = königlich) gibt Rätsel auf, zumal die hellenistische Architektur Hallenbauten dieses Typs gar nicht kennt. Möglicherweise gibt es eine Verbindung zur griechischen Stoa (Säulenhalle). Eine endgültige Klärung steht also noch aus, doch sicher ist, dass der hier besprochene basilikale Bautyp in Italien schon gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. nachweisbar ist, nicht nur in Rom, auch in anderen Städten Süditaliens.





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