Reiseführer Rom

Palazzo di Giustizia

Pate stand das monumentale Steingebirge des Palais de Justice in Brüssel, das als größter Justizpalast des 19. Jahrhunderts in die Architekturgeschichte einging. Beiden Palazzi gemein ist ihre Funktion als nationaler Kassationshof d. h. als letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren und beide prägt ihr „eklektizistischer“ Stil, ihr überbordendes Stilgemisch als Fassadenschmuck und diese ausschweifende Formensprache setzt sich auch in den Treppenhäusern und Sälen, in den Gängen, Galerien und Innenhöfen fort. Kaum war der Bau halbwegs fertig, verpasste ihm der scharfzüngige römische Volksmund den spöttischen Beinamen „Il Palazzaccio“ (etwa: schlimmer Palast).

Rom: Antico Caffe Greco

Es war ein Prestigebau, ein bedeutendes Projekt im Rahmen des Ausbaus der jungen Hauptstadt. Aber es ging um mehr: Das junge Königreich wollte dem Volk ein Symbol der Stärke des nationalen Rechtssystems präsentieren und der Einheit des Landes auch im Recht Ausdruck verleihen. Mit Anlehnungen an das römisch-antike Erbe, an Renaissance- und Barockbauten, die einst landesweit einheitlich verbreitet waren, wollte man diesen Vorstellungen nahekommen. Ein allein schon auf Grund seiner schieren Größe unübersehbares Monument des jungen italienischen Königreichs sollte entstehen – durchaus auch als Widerpart gegenüber den päpstlichen Machtsymbolen. „Un aspetto grandioso e severo“ solle das Gebäude ausstrahlen, lautete eine Forderung an den federführenden Architekten. Zur Grundsteinlegung am 14. März 1889 hielt Justizminister Giuseppe Zanardelli die Festansprache im Beisein von König Umberto I. und Königin Margherita. Gugliemo Calderini ging aus der Ausschreibung als Sieger hervor, doch erwies sich der Bauauftrag für den Architekten wegen des instabilen Schwemmbodens am Tiberufer als technisch höchst anspruchsvoll. Die Fertigstellung verzögerte sich erheblich, die Kosten stiegen um das Fünffache und Korruption war auch im Spiel. Erst 1911 konnte der Bau eingeweiht werden.

Rom: Palazzo di Giustizia

Der gigantische Palazzo weist eine Seitenlänge von 165 X 150 m auf. Er beherbergt allein 30 Verhandlungssäle und unzählige weitere Räumlichkeiten, die sich um riesige Innenhöfe gruppieren. Der Bau ist vollständig mit Travertin verkleidet – im Erdgeschoss sind es rau gelassene Quader, in den Stockwerken darüber sind Travertinquader mit einer planen Oberfläche verwendet worden. Die Hauptfassade blickt auf den Tiber. Sie zeigt einen dreistöckigen Mittelbau mit zwei je zweistöckigen Flügeln. Mittelteil und Flügel werden durch Mauervorsprünge (sog. Risalite) gegliedert, die sich über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken, besonders prägnant an den Gebäudeecken. Das Hauptportal reicht bis in das zweite Stockwerk hinauf. In seinem bogenförmigen oberen Abschluss thront die Skulpturengruppe „Justitia zwischen Gesetz und Gewalt“ von Enrico Quattrini, der auch die Riesenskulptur „Lex“ im Ehrenhof schuf. Die bronzene Quadriga hoch über der Tiberfassade entwarf Ettore Ximenes aus Palermo schon 1907. Sie wurde aber erst 1925 aufgestellt.

Rom: Palazzo di Giustizia

Alles, was Rang und Namen hatte in der römischen und frühen italienischen Rechtsgeschichte fand seinen Platz als Statue auf Konsolen oder Säulen vor der Hauptfassade: von Marcus Tullius Cicero und Herennius Modestinus bis zu Giambattista Vico und Gian Domenico Romagnosi.

(Piazza dei Tribunali / Lungotevere Prati)





Das könnte Sie auch interessieren

.