Reiseführer Rom

Piazza di Sant`Ignazio

Gegenüber der imposanten jesuitischen Prachtfassade von St. Ignazio umschließen fünf üppig geschwungene Häuserfronten einen kleinen anmutigen Platz. Dieses höchst wirkungsvolle Ensemble lässt manche Autoren an Bühnenbauten oder an die bauchigen Kommoden aus der Zeit des Rokoko denken. Es war keine leichte Aufgabe, den Platz zu gestalten, die dominierende Kirchenfassade zu überspielen und die Unbeweglichkeit des Areals aufzuheben.

Piazza di Sant`Ignazio

Der, dem das gelang, war ein gebürtiger Neapolitaner, der als Architekt mit seinen Bauten im kampanischen Benevento viel Anerkennung erfahren hatte. Sein Name war Filippo Raguzzini. Er kam 1724 nach Rom im Gefolge des neu gewählten Papstes Benedikt XIII., ehemals Erzbischof von Benevento und Abkömmling der Orsini-Familie, einem einflussreichen Clan des römischen Hochadels. Raguzzini widmete sich in den Jahren 1728/29 der Gestaltung des Platzes vor St. Ignazio. Die Erwartungen an ihn waren hoch, hatte doch der Papst seinen Architekten wissen lassen, es gehe nicht an, dass „die Kirche mit einer so bedeutenden Fassade ohne die gebührende Gestaltung der Piazza bleibe“. Kirchenfront und gegenüber zu errichtende Gebäude sollten ein harmonisches Ensemble bilden. Raguzzini machte sich an die Arbeit und schuf „den einzigen echten Rokokoplatz Roms“, wie der Kunsthistoriker Stefan Grundmann notiert und er spricht von einem Geniestreich, mit dem Raguzzini „alle ästhetischen Probleme löste“, indem er den Blickpunkt schlicht umdrehte, weg von der Kirchenfassade und gerichtet nun auf die schön gestaffelten, ineinander geschwungenen neuen Bauten, die dem knappen Platzraum Bewegung verschafften, „ein Gefühl von Durchlässigkeit“, ja sogar von Weite.

Piazza di Sant`Ignazio

Es sind fünf Gebäude, die nun die Blickrichtung bestimmten, davon zwei seitliche Flügelbauten mit je sieben Fensterachsen (d. s. die senkrecht gegliederten Fensteröffnungen), dazwischen liegen drei weitere Bauten (das „Herzstück“ der Anlage) mit ihren konkav zurückschwingenden Fassaden: in der Mitte ein dreiachsiger Bau, die Bauten links und rechts davon sind einachsig ausgestattet.

Der Papst war angetan von dem neuen Szenebild und nannte es einen großen Bühnenaufbau, eine fabbrica teatrale, andere sprachen von einem „lebhaften, eigenwilligen Bühnenhintergrund“, der den Raum gegenüber der Kirche schließe.



Nicht nur die Bauten allein erregten Aufsehen, auch ihre Bestimmung war für die damalige Zeit ungewöhnlich. Hier waren nämlich Mietshäuser entstanden, kleinen Palästen (palazzotti) ähnlich, gedacht für die städtische wohlhabende Mittelklasse. Mit jeweils vier Geschossen und gleicher Raumaufteilung und einem fast bescheidenen Fassadenschmuck: Bänder, Schichten, Vorsprünge; filigrane Eisenbalkone statt massiver Steinterrassen, Fensterdekor im zweiten Obergeschoss, Rahmenbildung für Portale und Fenster.

Während das bekannte Lästermaul Francesco Malizia schäumte, der Platz sei „entstellt durch diese lächerlichen Häuser nach Art von Kommoden“ und die zu scharfen Kommentaren neigenden Römer nur zu gerne die Schmähung übernahmen, schrieb der Kunsthistoriker John Varriano (im Vergleich zu römischen Plätzen des Hochbarock) von einem „leichten Dessert nach einem schweren Mahl“.





Das könnte Sie auch interessieren

.