Reiseführer Rom

Trajan

Seit die römischen Kaiser nicht mehr wie früher dem stadtrömischen Adel entstammten, war es nur eine Frage der Zeit, wann sich von der Peripherie des Riesenreichs ein Thronfolger auf den Weg nach Rom begeben würde. Dieser erste Herrscher provinzialrömischer Herkunft war ein „Spanier“ aus der alten römischen Siedlung Italica, einige Kilometer nördlich von Sevilla. Er war der Sohn einer Senatorenfamilie, der unter seinem Vater in Syrien als Militärtribun gedient hatte, Konsul wurde und Quästor und im Jahre 97 Statthalter in Obergermanien. Im gleichen Jahr adoptierte Roms Kaiser Nerva den begabten, aufstrebenden Staatsbeamten und Truppenkommandeur und begründete damit das sog. Adoptivkaisertum, das dem Grundsatz verpflichtet war, den jeweils Besten und Fähigsten an die Spitze des Reichs zu stellen.

Rom: Foto © plrang - fotolia.como

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Antike Autoren und moderne Historiker sind bis auf wenige Ausnahmen von der fast 20jährigen Herrschaft des Marcus Ulpius Traianus, den wir Trajan nennen, angetan. Der „Spanier“ auf dem römischen Thron überzeugte innenpolitisch durch seine ausgleichende Haltung gegenüber dem Senat und außenpolitisch glänzte er ganz dem römischen Ideal entsprechend als siegreicher Eroberer, in dessen Regierungszeit das Römische Reich seine größte Ausdehnung erreichte.

Im Kern war Außenpolitik für Trajan Expansionspolitik mit kriegerischen Mitteln. Ein Vorwand für Angriffskriege war immer schnell gefunden, so auch im Fall des wegen seiner reichen Edelmetallvorkommen berühmten Karpaten-Königreichs Dakien, das nicht immer nach dem Geschmack Roms agierte und mit seinen Nadelstichen die Herrscher in Rom nervös machte. In den Jahren 101 und 102 und abschließend 106 bereitete Trajan dem ein Ende. Das geschlagene Königreich wurde als Provinz Dacia in das römische Imperium eingegliedert. Noch im gleichen Jahr 106 nutzte er eine Krise im Königreich der Nabatäer, das sich vom Sinai bis ins südliche Jordanien erstreckte und eine bedeutende Drehscheibe im Handel zwischen der arabischen und der mediterranen Welt war, zu einer militärischen Intervention, nach der sich das Land um die Hauptstadt Petra als Provinz Arabia Petraea im Römischen Reich wiederfand. Zum Höhepunkt der kriegerischen Unternehmungen Trajans geriet die Auseinandersetzung mit den Parthern, den „Erbfeinden“ Roms an den östlichen Wüstengrenzen des Reiches. Der ewige Zankapfel zwischen den beiden Mächten, Armenien, wurde als Provinz dem Reich einverleibt (114), dann marschierte Trajan weiter, besiegte die Parther und stand schließlich am Persischen Golf, wo er, wie berichtet wird, „in Gedanken bei Alexander dem Großen, sehnsüchtig den gen Indien segelnden Schiffen nachblickte.“ Der Traum von einer Alexander-Nachfolge war aber bald ausgeträumt, als überall im Rücken der eben noch siegreichen römischen Truppen Aufstände ausbrachen. Während des eiligen Rückzugs erkrankte Trajan und starb 117 in der kilikischen Stadt Selinus, nahe der heutigen Stadt Gazipaşa an der türkischen Südküste.



Er hatte mit dem strahlenden Ruhm des Siegers „das politische Lebenselixier eines jeden römischen Kaisers“ genossen, der das Territorium seines Reiches erweiterte, reiche Beute machte und dauerhaft neue Ressourcen erschloss. Beute und Einkünfte aus der neuen dakischen Provinz flossen in das triumphale Trajansforum mitten im Herzen Roms. Hier entstand, größer als alle Foren ringsum, ein Verwaltungs- und Einkaufszentrum. Dazu zählte der mit Marmor ausgelegte Platz, den seitliche Portiken einrahmen, ferner die Basilika Ulpia und zwei Bibliotheken und im Halbkreis terrassenförmig aufsteigende, elegante mehrstöckige Gebäude, eine Einkaufspassage, würde man heute sagen, mit vielen Läden, Lagerräumen, Kneipen und Imbissen. Und als größter Blickfang ragt am Rande die Trajanssäule auf, ein 30 m hohes Kunstwerk aus Carrara-Marmor, das in 155 Bildfolgen, die sich als Relief spiralförmig nach oben winden, die Geschichte der  dakischen Feldzüge erzählt.

Trajan war beliebt im Volk. „Er befreite die Menschen von der Furcht, denn sein Wesen war echte Menschlichkeit“, schrieb der jüngere Plinius. Der Kaiser verbot die Majestätsprozesse und war nicht bereit, Christen um ihres Glaubens willen zu verfolgen. Er war offen für die Wünsche und Beschwerden seiner Bürger, die freien Zugang zu ihm bekamen und auch Gehör fanden. Seine innenpolitische Linie stützte sich auf die Erfahrungen seines Vorgängers Nerva, der bewiesen hatte, dass „äußere Macht und inneres Maß miteinander verträglich sind“. Für viele verkörperte Trajan das Ideal des humanen Herrschers. So fand seine Ehrung mit dem Beinamen Optimus Princeps, bester Herrscher, viel Beifall in der Öffentlichkeit, die seinen menschlichen Anstand und sein politisches Ethos schätzte.      
Trajans Bemühen, mit dem nicht ohne Grund um Macht und Einfluss fürchtenden Senat einen Modus vivendi zu finden, zahlte sich aus: Innenpolitisch blieb die Situation entspannt, auch wenn auf wichtigen Feldern der Senat längst keine Entscheidungsgewalt mehr besaß.
Der Kaiser förderte den Handel und ließ Verkehrswege und Häfen ausbauen. Auch Roms wichtiger Hafen Ostia erhielt neue Anlagen. Er sorgte sich um die Rechtspflege und versuchte, die Verwaltung der Provinzen zu verbessern. Ein besonderes Augenmerk galt der von seinem Vorgänger Nerva ins Leben gerufenen Alimentarstiftung, die Mädchen und Jungen unterstützte. Mit seinem Engagement konnte er das Bild des kaiserlichen Wohltäters vor aller Öffentlichkeit besonders herausstellen und der (vermutete) eigentliche Zweck der Einrichtung, die Geburtenrate im Land zu erhöhen und die Wehrkraft zu stärken, rückte damit in den Hintergrund.





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