Streifzüge durch die südliche Peloponnes

Aufstieg und Niedergang einer Stadt

Das Blatt wendete sich, als Epameinondas die politische Bühne der Insel des Pelops betrat. Der geniale Heerführer aus Theben nordwestlich von Athen, Erfinder der sog. „Schiefen Schlachtordnung“, beendete in mehreren Feldzügen die Dominanz der Spartaner auf der Peloponnes. Theben wurde zur Schutzmacht aller vom spartanischen Joch befreiten Völker der Halbinsel. Die Messener konnten aufatmen, viele kehrten aus dem Exil zurück und 369 v. Chr. gründeten Heimkehrer und befreite Messener, angespornt von Epameinondas, ihre neue Hauptstadt Messene. Die Wahl fiel auf eine von Bergen eingefasste Ebene, die sich nach Süden zum Meer hin öffnet, abgesichert durch eine Aufsehen erregende Stadtmauer, wie es sie kein zweites Mal in Griechenland gibt. In rasantem Tempo wurde sie aus massiven Steinquadern errichtet und mit Zinnen und Türmen sowie vier Toren versehen. Sie passte sich dem hügeligen Gelände an und überwand dabei mehrere hundert Meter Höhendifferenz. Die 9,5 km lange Mauer (von der noch 1,6 km sehr gut erhalten sind) hatte schon in der Antike ihre Bewunderer wie etwa Pausanias, der in den Jahren zwischen 160 und 175 n. Chr. seine berühmte „Beschreibung Griechenlands“ zu Papier brachte. Im 4. Buch, das sich Messenien widmet, notierte er in Kapitel 31,5:

Messene ist von einer Mauer umgeben, die in ihrem gesamten Umfang aus Stein gebaut wurde. Sie ist mit Türmen und Verteidigungsstellungen ausgestattet. Ich kenne nicht die Mauern von Babylon oder die Mauern des Memnon im persischen Susa, noch sind mir Erzählungen von irgendwelchen Augenzeugen bekannt; aber die Mauern von Ambrossos in Phokis, in Byzanz und Rhodos – alles sehr stark befestigte Orte – halten einem Vergleich mit den messenischen Mauern nicht Stand.


Messene


Nicht weniger zügig ging die Errichtung der Sakral- und Profanbauten der neuen Metropole vonstatten. Man hielt sich dabei an das „hippodamische System“, so benannt nach Hippodamos von Milet, der im 5. Jahrhundert nach älteren orientalischen Vorbildern eine auf dem rechtwinkligen Rastersystem beruhende Siedlungsform kreiert hatte. So zeigten die Neugründungen der Hafenstadt Piraeus und von Thurioi am Golf von Tarent / Unteritalien seine Handschrift wie auch die Stadtgrundrisse von Olynth auf der Chalkidiki, Priene in westlichen Kleinasien und Alexandria in Ägypten. Nach wenigen Jahrzehnten einer enormen Aufbauleistung sprach man unter Griechen bewundernd von der „schönsten Stadt“ des Landes.

Messene wechselte je nach Opportunität von einem Staatenbund zum nächsten, gehörte auch dem unter makedonischer Hegemonie stehendem Korinthischen Bund an und arbeitete derweil mit aller Kraft an der Mehrung seines Reichtums. Dessen Quelle war die intensiv betriebene Landwirtschaft auf den fruchtbaren Böden Messeniens. Das makedonische Zwischenspiel endete 146 v. Chr., als sich das Römische Reich Griechenland als Provinz einverleibte. Römische Gottheiten und von den kosmopolitisch gestimmten Römern übernommene ägyptische Göttergestalten hielten Einzug in Messene. Reiche Römer ließen sich luxuriöse Villen errichten und im Stadion maßen nicht mehr Athleten ihre Kräfte, Gladiatoren waren jetzt die Stars der öffentlichen Belustigungen. Den Alteingesessenen ging es schlecht. Ihre Steuerlast war enorm. Dazu kamen Naturkatastrophen. Die Lebensbedingungen verschlechterten sich zusehends. Alarichs vagabundierende Westgoten fielen 395 n. Chr. über Messene her und raubten der Stadt die letzte Lebenskraft. Sie durchlebte noch eine beschwerliche frühbyzantinische Ära. Letzte Erwähnungen der Stadt stammen aus Quellen des 7. Jahrhunderts.






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