Der Tempel von Bassai
Ab 1902 nahm sich die Griechische Archäologische Gesellschaft der Anlage an, legte Bauteile frei und führte Konservierungsarbeiten durch – nicht sehr professionell, so dass in den siebziger Jahren ein Komitee zum Erhalt des Tempels gegründet werden musste, um mit zeitgemäßer Technik die Arbeiten – Restaurierungen, Konservierungen, Schutzmaßnahmen gegen Witterungseinflüsse und seismische Aktivitäten – zu optimieren. Auch der Aufbau der zeltartigen Schutzhülle für den Tempel (1987) geht auf das Komitee zurück. Im Jahr zuvor war die Anlage in die UNESCO-Liste der Welterbestätten aufgenommen worden.
Aufnahmen aus dem Jahr 1962
Pausanias war vermutlich der letzte antike Berichterstatter, der in die Berge zog, um dem Tempel einen Besuch abzustatten und darüber zu schreiben. Im 2. Jahrhundert n. Chr. notierte er in Band 8 seiner „Beschreibung Griechenlands“, der sich mit der Landschaft Arkadien befasst, die folgenden Sätze:
Deutlich jüngeren Datums sind die Äußerungen des schottischen Gelehrten und konservativen Politikers William Mure, die er im „Journal of a Tour in Greece and the Ionian Islands“, 1842, Band 2, Seite 270, veröffentlichte:
Ganz anders die Aufzeichnungen des estnischen Barons Otto Magnus von Stackelberg. Er war ein Mitglied der Gruppe der „Dilletanti“ und hielt in seiner in Rom 1826 herausgegebenen Monographie „Der Apollotempel von Bassae in Arcadien und die daselbst ausgegrabenen Bildwerke“ fest:
Auf dem Weg zum Tempel durch die Bergwelt Arkadiens
OrtsbestimmungWer von Kalamata aus startet, fährt auf der Autobahn A7 / E65 Richtung Athen bis zur Ausfahrt Andanía. Von nun an geht`s über die Dörfer und immer bergan ca. 50 km auf passabler Straße. Winzige Dörfer, Schluchten und steile Hänge sind zu passieren: grandiose Landschaften, wohin auch das Auge blickt. Und immer mal wieder taucht für kurze Momente ein winziger weißer Fleck hoch oben auf einem der Bergkämme auf: die helle Schutzhülle, unter der sich der Tempel verbirgt. Schließlich, 1.130 Meter über dem Meeresspiegel, ist das Ziel erreicht.
Wenn man auf der Küstenstraße am Golf von Kiparissía / Ionisches Meer unterwegs ist, sollte man bei der Ortschaft Tholo landeinwärts biegen, berührt wenig später die Überreste des antiken Lépreo, durchfährt dann das neue Figália und passiert etliche Kilometer weiter die Ruinen der antiken Stadt Figália. Nach etwa 40 km steht man dem Tempel in seiner irritierenden Verkleidung gegenüber.
Ist der Ausgangspunkt Olympia, sollte man Andritsena anfahren. Von dort sind es noch ca. 12 km bis zum Apollo-Tempel.
Hinweisschilder am Straßenrand, die den Tempel ankündigen, sind zahlreich – nur nicht immer dort, wo sie von Nöten wären.
Der winzige weiße Fleck ist das Ziel
TempelbetrachtungIst man nun endlich dem Objekt seiner Wissbegierde und Ungeduld schon ganz nahe, verstellt ein Kunststoffgehäuse den Blick auf die Säulen des Iktinos. Die zeltartige Umhüllung wird von Stahlmasten gestützt und von starken Stahltrossen gespannt, die an tief in den Boden eingelassenen Betonverankerungen festgemacht sind. Es geht das wenig glaubwürdige Gerücht, die Schutzhülle werde wieder entfernt, wenn alle Sicherungsarbeiten am Tempel abgeschlossen seien, also die Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen sowie Vorkehrungen zum Schutz vor seismischen Aktivitäten.
Seitenansicht
Und dann: der Durchschlupf ist schmal, die wenigen Besucher drängen sich erwartungsvoll hindurch und unvermittelt türmen sich vor ihnen die Säulen auf. Sprachloses Staunen. Und wäre es nicht ein so außergewöhnlicher Ort, würde so mancher Betrachter am liebsten eine Lobeshymne anstimmen oder vor Entzücken in die Hände klatschen, um seinem Hochgefühl Ausdruck zu verleihen. Im leicht gedämpften Licht stellen sich die Säulen, Architrave, Kapitelle intensiver dar als im grellen Sonnenlicht. Iktinos, der Architekt dieses Glanzstücks aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert, verwendete nur zwei Materialien. Für die tragenden Bauteile wie die Säulen nutzte er den grauen lokalen Kalkstein aus nahen Steinbrüchen und importierten Marmor für den Skulpturenschmuck, die Kapitelle und die Kassettendecke der Vorhalle sowie für die Dachplatten.Ungewöhnlich ist die Nord-Süd-Ausrichtung des Baus, üblich war seinerzeit eine Ost-West-Ausrichtung. Es war aber ein Zugang durch die Cellawand angelegt worden, so dass das Allerheiligste mit der darin aufgestellten Kultstatue des Apollo wie vorgeschrieben von Osten betreten werden konnte. Eigenwillig ist auch die Gestaltung der Cella d. i. der nicht allgemein zugängliche Hauptraum des Tempels. Meist wurde sie durch Säulenreihen aufgegliedert, hier aber schufen an die Wand gestellte Halbsäulen einen weiten, großen Innenraum. Je fünf Halbsäulen stehen sich gegenüber auf ungewöhnlich breiten Basen und sie sind durch sog. Zungenmauern mit der Cellawand verbunden. Gekrönt werden sie von wuchtigen ionischen Kapitellen. Und es existierte eine Mittelsäule in der Cella, deren Kapitell Akanthusverzierungen trug und vermutlich das älteste bekannte korinthische Kapitell der griechischen Architekturgeschichte ist. Oben an der Innenwand verlief ein 31 m langer Fries mit Darstellungen von Amazonen- und Kentaurenkämpfen auf jenen 23 Reliefplatten, die 1811 von den Dilletanti-Mitgliedern nach Europa verschifft wurden und ins British Museum gelangten.
Der Tempel des Iktinos (14,48 X 38,24 m misst seine Grundfläche) ruht auf einem dreistufigen Sockel, der sich auf eine massive Felsterrasse stützt. Er vereint als einziger antiker Tempel drei Architekturordnungen: dorisch ist die äußere Säulenordnung, ionische Stilelemente überwiegen in der Cella und das erwähnte Akanthus-Kapitell repräsentiert die korinthische Ordnung. Iktinos` Werk hatte einen Vorläufer, der im späten 7. Jahrhundert v. Chr. errichtet wurde und von dem etliche Bauteile die Zeiten überdauerten. Auch er war dem Apollo geweiht. Der Kult um Zeus` Sohn an diesem Ort geht auf das späte 8. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die griechische wie auch die römische Mythologie schreiben dem Göttersohn zahllose göttliche Fähigkeiten zu. So soll er, der den Beinamen Epikourios ( = der Heiler, Helfer) verliehen bekam, den Kriegern von Figália in ihrem Kampf gegen die Spartaner zu Hilfe gekommen sein, auch habe er die Ausbreitung der Pest verhindert, als im Peloponnesischen Krieg die Griechen aufeinander einschlugen. Besonders die Bewohner von Figália standen unter seinem Schutz und sie dankten ihm mit dem Bau des Apollo Epikourios-Tempels in den Bergen von Bassai. Wann genau das geschah, ist unklar – im 4. Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr., wie das Deutsche Archäologische Institut schreibt, könnte es vonstatten gegangen sein.
Säulentrümmer im Umfeld des Tempels